Obersiggenthal
Weinhändler springt für Gemeinde ein und organisiert Neujahrs-Apéro – Gemeinderat schlug Einladung erst aus

Posse um Obersiggenthaler Neujahrsempfang: Weinhändler Daniel Cortellini springt nun ein und erhält vom Gemeinderat erst einen Korb.

Martin Rupf
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Es gab ein langes Hin und Her in Sachen Neujahrsapéro.

Es gab ein langes Hin und Her in Sachen Neujahrsapéro.

Silvan Wegmann

Letzte Woche bestätigte Obersiggen­thals Gemeinderätin Bettina Lutz ­Güttler (CVP), dass es Anfang nächstes Jahr keinen Neujahrsempfang gibt, und das obwohl sie ab dem 1. Januar neu das Amt des Gemeindeammanns bekleiden wird und mit Christian Keller zudem noch ein neuer Gemeinderat sein Amt antritt. Als Grund führte Güttler den Sparzwang ins Feld, hatte doch der Einwohnerrat den Posten vor ein paar Jahren aus dem Budget gestrichen.

«Als ich den Artikel gelesen habe, dachte ich mir: Das darf doch nicht wahr sein!», sagt der Badener Weinhändler Daniel Cortellini, der seit zwölf Jahren in Obersiggenthal wohnt. Er lasse auch das Argument des Sparens und der angespannten finanziellen Lage nicht gelten. «Im Gegenteil: Gerade in solchen Zeiten ist es wichtig, dass man auch gute Momente hat und wieder einmal Positives erlebt», so Cortellini.

Ein Neujahrs-Apéro sei ein Symbol für jeden Neuanfang, und gleichzeitig stelle er eine Wertschätzung für alle Bewohner, Behörden und Parteien dar. «Zämestah, nach dem Motto, jetzt erst recht, heisst jetzt die Parole», so Cortellini. «Mit einem Neujahrsempfang bietet sich dem neuen Gemeinderat die Gelegenheit, sich den Bewohnern unkompliziert vorzustellen.»

Das «Gässliacker» steuert die Apérohäppchen bei

Wer Cortellini kennt, der weiss, dass es bei ihm selten bei Worten bleibt. Prompt hat er jetzt einen Neujahrsapéro am 11. Januar um 17 Uhr im Foyer des Gemeindehauses auf die Beine gestellt. «Die meisten Beiträge fürs Fest wurden gesponsert – Wein, Arbeit und Foyermiete bezahle ich aus dem eigenen Sack, vielleicht finde ich ja noch ein paar Unterstützer», sagt Cortellini.

Für die Apérohäppchen habe er die Küche des Altersheims Gässliacker gewinnen können, und fürs anschliessende Kuchenbuffet würden die Gäste selber sorgen. «Damit wir dies koordinieren können, bitten wir alle Gäste, sich über die Adresse bindabei@neujahrnussbi.ch anzumelden.»

Die Anmeldungen werden dann registriert und die Mitbringsel koordiniert. Für den Abendservice zeichne das Team der Gemeindebibliothek verantwortlich. «Als kulturelle Perlen konnte ich nebst dem Musiker Marco Friedmann aus Kirchdorf auch das Trio Mattermania für einen Auftritt begeistern, welches die Festgemeinde in ein fröhliches 2020 reissen wird», ist Cortellini voller Vorfreude.

Obersiggenthal liegt ihm am Herzen

Seine Idee sei in sehr kurzer Zeit auf sehr viel Begeisterung gestossen und spreche für dieses Dorf und seine zahlreichen Vereine. Und doch musste Cortellini erst einen argen Dämpfer einstecken.

Denn gestern Morgen habe ihn Bettina Lutz Güttler angerufen und ihm mitgeteilt, dass der Gemeinderat nicht an die Feier kommen werde.

Begründung, so Cortellini: Der Gemeinderat lasse sich nicht von einem Unternehmer vor den Karren spannen. «Diese Antwort hat mich natürlich sehr traurig und betroffen gemacht. Und ich wehre mich gegen die Unterstellung, ich würde die Feier nur auf die Beine stellen, um mich als Unternehmer zu profilieren. Ich mache das, weil mir Obersiggenthal am Herzen liegt!»

«Wir hatten erst nicht genug Informationen»

Bald-Gemeindeammann Bettina Lutz Güttler sagt auf Anfrage: «Grundsätzlich begrüssen wir die Initiative von ­Daniel Cortellini sehr.» Als Grund für die erst abwehrende Haltung gibt Lutz Güttler an, «dass der Gemeinderat am Anfang nicht über sehr viel Informationen verfügte.

Nach eingehender Prüfung haben wir uns jetzt aber entschieden, dass ich als Gemeindeammann am 11. Januar ein Grusswort des Gemeinderats überbringen werde.»

Daniel Cortellini hofft derweil auf ein zahlreiches Erscheinen der Bevölkerung. «Wenn dies eintreffen sollte, dann ist das Signal für den Einwohnerrat klar: Der Neujahrsapéro muss künftig wieder ins Budget.» Damit rennt er bei Lutz Güttler offene Türen ein. «Der Gemeinderat nimmt den Ball auf. Der Apéro soll in die nächste Budget-Runde wieder aufgenommen werden.»