Kunstrasen
Die Frage lautet nicht «ja oder nein?», sondern «verfüllt oder unverfüllt?»

Kunstrasenproduzent Marco Erb ärgert sich über die undifferenzierte und globale Verurteilung von Kunstrasen. Das grösste Problem bei Kunstrasen ist immer noch die Entsorgung. So enden verfüllte Fussballrasen als Sondermüll.

Christian Breitschmid
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Das Kunstrasenfeld auf der Muttenzer Sportanlage Margelacker. Archiv

Das Kunstrasenfeld auf der Muttenzer Sportanlage Margelacker. Archiv

Roland Schmid

Die Kunstrasenprofi Schweiz AG ist zwar erst seit acht Jahren auf dem Markt, aber ihr Geschäftsführer, Marco Erb, ist ein sprudelnder Quell des Fachwissens. «Darum gehe ich auch die Wände hoch, wenn irgendeiner unrecherchierte Halbwahrheiten verbreitet», ärgert sich der Kunstrasenspezialist, der nach der «Blick»-Schlagzeile «Krebsfalle Kunstrasen?» seit über zwei Jahren in jedem Verkaufsgespräch erklären muss, dass in seinen Rasen kein Gummigranulat aus Altreifen drinstecke.

Überhaupt setzt man in seiner Firma ausschliesslich auf sogenannt unverfüllte Rasen. Das sind Kunstrasen, die ohne Granulatfüllung auskommen. «Das ist überhaupt der grosse Unterschied», so Erb, «dass es eben Rasen mit oder ohne solche Füllungen gibt.» Giftig sei übrigens keiner der beiden, wenn er aus einer qualitativ hochstehenden Produktion stamme, etwa aus Holland oder in der Schweiz von Tisca. «Nur bei Produkten aus dem Osten oder auch Fernost wäre ich vorsichtig», warnt Erb.

Bei Fussballrasen würden immer noch mehr verfüllte als unverfüllte verbaut. Das liege vor allem daran, dass die Fifa bisher nur solche Produkte als geeignet getestet habe und viele Vereinsfunktionäre das Gefühl hätten, der Stempel «Fifa Quality» müsste sein. «Dabei kam Arsenal London extra nach Kloten, um deren unverfüllten Rasen zu testen. Nachher haben sie auch einen solchen in ihrem Trainingscenter einbauen lassen.» Oft gehe es bei der Entscheidung für einen Kunstrasen einfach nur ums Geld. «Wenn ein verfüllter Rasen 1,2 Millionen Franken kostet, dann kostet ein vergleichbarer unverfüllter etwa 1,4 bis 1,5 Millionen», sagt Erb. «Aber wer nur darauf schaut, denkt zu kurz. Im Unterhalt ist ein verfüllter teurer, und viele Verkäufer lügen, wenn es um die Lebensdauer ihres Rasens geht. Bei starker Benutzung hält ein verfüllter 10 Jahre und nicht bis zu 20, wie manche erzählen.»

Noch kein profitables Recycling

Das grösste Problem bei Kunstrasen ist immer noch die Entsorgung. «Unverfüllte Rasen kommen einfach in die Verbrennung», sagt Erb, «oder Pferdebesitzer kaufen sie als Laufunterlage für ihre Tiere. In der Schweiz ist es allerdings verboten, verfüllte Kunstrasen weiterzuverwerten.» Der Quarzsand und das Granulat aus den verfüllten Rasen müssen hingegen als Sondermüll entsorgt werden. «Diese Rasen kann man nicht verbrennen. Die wandern dann halt ins Ausland und landen auf Deponien.» An Recyclingmöglichkeiten wird zwar geforscht, aber profitabel ist bisher noch keine Lösung.