Oberkulm
«Es ist eine harte Branche»: So trotzt die Wynentaler Textilfirma Tissa der Konkurrenz

Die Oberkulmer «Tissa» hat Tradition. Um sich gegen die internationale Konkurrenz zu behaupten, hat sich das Familienunternehmen auf Nischenprodukte spezialisiert. Eine Abteilung wird dennoch bald ins Ausland verschoben.

Natasha Hähni
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Unternehmerin Karin Bertschi (links) inspiziert einen Ski, in dem Gewebe verarbeitet wurde, das in der Tissa-Fabrik hergestellt wurde.

Unternehmerin Karin Bertschi (links) inspiziert einen Ski, in dem Gewebe verarbeitet wurde, das in der Tissa-Fabrik hergestellt wurde.

Bild: Mathias Förster

Der Ursprung der Wynentaler Textilindustrie liegt in der Tabakindustrie. «Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren das Obere Wynental und das Seetal das Stumpenland», erzählt Edwin Schneeberger von der Oberkulmer Textilfabrik Tissa. «Die Stumpenbündel wurden jeweils mit einem Stoffbändel zusammengehalten. Das war der Start», ergänzt er.

Über 50 Personen versammeln sich am Donnerstagabend in der Eingangshalle der Traditionsfirma. Dies im Rahmen eines Unternehmensbesuchs, der durch den Gemeindeverband aargauSüd impuls organisiert wurde. Unter den Gästen sind mehrere Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Region, wie auch Politikerinnen und Politiker. Der Standort an der Webereistrasse in Oberkulm feiert heuer seinen 60. Geburtstag.

In der Textilindustrie ist das Familienunternehmen aber schon viel länger. Auf einem alten Flyer steht neben «Mech. Bandfabrik Kulm» und «Fabrikation aller Arten von Baumwoll- und Leinenbändern» das Gründungsdatum: 1854. Seither hat sich einiges geändert.

Aus der einstigen Bandfabrik sind im Jahr 2003 zwei Schwesterunternehmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten geworden. Die «Tissa ImCut AG» stellt unter anderem Schleifscheiben her, die «Tissa Glasweberei AG» Spezialgewebe. Gemäss Website liegt die Kernkompetenz des Unternehmens im Webprozess von technischen Rohmaterialien wie Glas, Carbon oder Polyester. Immer mehr würden aber auch biologisch abbaubare Fäden, wie zum Beispiel aus Flachs, hergestellt.

Wohin mit dem Abfall?

Die Gewebe der Tissa verleihen den Produkten die gewünschten Eigenschaften – das Boot wird leichter, der Zugsitz robuster. Begonnen wird immer mit einem Faden. Sich diesen zu sichern, ist aber nicht immer leicht. «Im vergangenen Jahr erhielten wir beispielsweise kaum ein Kilogramm Karbon, da dieses für die Rüstungsindustrie gebraucht wurde», erklärt Kundenberaterin Ana Carreño.

Jährlich braucht die Tissa 20 bis 30 Container Rohmaterial. Produziert wird jeweils nur auf Bestellung. «Es ist eine harte Branche, wir überleben dabei vor allem, weil wir uns auf Nischenprodukte und Spezialwünsche der Kundschaft fokussieren», führt Verkaufsleiter Joel Sagliocco aus. Solche Produkte würden sich für grössere Player nicht lohnen. «Die sind auf Massenproduktion ausgelegt», ergänzt er.

Geschäftsführer der Tissa ImCut AG – hier werden vor allem mit Harz beschichtete Schleifscheiben hergestellt – ist Niklaus Boss, Gemeindeammann von Teufenthal. «Riechen Sie das? Das ist die dreckige Chemikalien-Brühe aus den 50er-Jahren», sagt Boss, als die Gruppe in die Fabrikhalle läuft. Am Boden sind zwei viereckige Flecken. Hier stand bis vor kurzem eine Maschine. Weil die Produktion in den kommenden Monaten aber nach Bosnien verlegt wird, werde die Halle nach und nach leer geräumt. «Wer eine 600 Quadratmeter grosse Fläche mieten will, soll sich also melden», sagt Boss gegenüber den Gästen.

Bei der Frage zur Entsorgung sagt ein Besucher zu Karin Bertschi, die als Besucherin an der Führung teilnimmt, grinsend: «Bekommen Sie den Abfall?» Bertschi ist Geschäftsleiterin der Recycling-Paradies AG. «Sie darf das Holz haben», sagt Boss. Bertschi lacht.