Fluglotsen-Streik
Sind die «Gilets Jaunes» Schuld? – Streik am Euro-Airport gibt Rätsel auf

800 Passagiere sassen am Dienstagabend am Euro-Airport fest. Zahlreiche Fluglotsen hatten die Arbeit niedergelegt – ohne Vorwarnung. Noch weiss nicht mal der Flughafen selbst Bescheid, wer die Drahtzieher des Streiks sind, aber es gibt Hinweise.

Benjamin Wieland
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In Frankreich müssen Streiks 48 Stunden im Vornherein angekündigt werden – das war beim Streik am Euro-Airport am Dienstagabend nicht der Fall.

In Frankreich müssen Streiks 48 Stunden im Vornherein angekündigt werden – das war beim Streik am Euro-Airport am Dienstagabend nicht der Fall.

Chris Iseli/ AZ

Die Fluglotsen haben den Euro-Airport (EAP) auf dem falschen Fuss erwischt. Am Dienstagabend beim Schichtwechsel um 20 Uhr erschienen etliche Mitarbeiter der Flugsicherung nicht an ihren Arbeitsplätzen – der Tower musste auf Notbetrieb umstellen. Leidtragende waren die Passagiere: 37 Flüge fielen aus, 800 Personen strandeten alleine am Euro-Airport.

Auch am Tag danach wusste der Euro-Airport kaum mehr über die Gründe des Instant-Streiks. Sprecherin Vivienne Gaskell sagt: «Wir stehen mitten in den Abklärungen, wie wir eine derartige Situation in Zukunft abwenden können.»

Der Flughafen sei nicht vorgewarnt worden, sagt Gaskell, obwohl es in Frankreich die gesetzliche Vorschrift gebe, Streiks 48 Stunden im Vornherein anzukündigen, damit die betroffenen Einrichtungen vorsorgen können. «Das geschah am Dienstagabend nicht», sagt Gaskell. «Und das ist sehr ärgerlich.»

«Gilets Jaunes» für Warnstreik

Für denselben Tag hatten in Frankreich zwei Parteien und zwei Gewerkschaften zu Demonstrationen und zu einem landesweiten 24-Stunden-Streik im öffentlichen Dienst aufgerufen, darunter die CGT (Confédération générale du travail), der zweitgrösste Gewerkschaftsbund Frankreichs.

Die «Gilets Jaunes» (Gelbwesten) schlossen sich dem Streikaufruf an, die Protestbewegung geniesst im Elsass grosse Sympathien. Anlass des Protests war eine Debatte in der französischen Nationalversammlung. Die Abgeordneten berieten am Dienstag auch eine Einschränkung des Streikrechts. Gemäss französischen Medien gingen zwischen 120'000 (Schätzungen der Polizei) bis 300'000 Personen (Angaben der Gewerkschaften) auf die Strassen.

Null-Information aus Paris

Die französische Flugsicherung DGAC ist dem Ministerium für Ökologie, Energie, und nachhaltige Entwicklung angegliedert. Weder die DGAC, noch das Ministerium informierten zum Fluglotsenstreik. Neben Basel-Mühlhausen war am Dienstag auch der Flughafen in Nantes weitgehend lahmgelegt. In den beiden grossen Pariser Flughäfen Orly und Charles-de-Gaulles hingegen arbeitete die Flugsicherung normal.

Im Streikfall bietet die Flugsicherungsbehörden gemäss EAP einen Not-Pikettdienst auf, damit der Flugbetrieb geordnet weitergehen kann. Dazu kam es am Dienstag aber nicht, weil es sich um einen unangekündigten Streik handelte.

Am Euro-Airport normalisierte sich der Betrieb im Verlauf des Mittwochs. Der Streik dauerte bis 8 Uhr, wegen Dominoeffekten kam es weiterhin zu Einschränkungen. Laut Angaben des Flughafens wurden am Mittwochvormittag sechs Abflüge und zwei Ankünfte annulliert – unter anderem, weil Flugzeuge fehlten, die am Dienstag nicht in Basel landen konnten.

«Dorint» nimmt Gestrandete auf

Am Dienstag waren insgesamt 3700 Passagiere von Flugausfällen betroffen. Zwei Jets landeten in Zürich und in Stuttgart statt in Basel. Für die 800 Personen, die am EAP fest sassen, wurden von Swissport oder von den Airlines Unterkünfte in der Region besorgt.

Gemäss Gaskell übernachteten viele Betroffene etwa in Colmar und Mulhouse, aber auch in Basel. Das Hotel «Dorint» bestätigt, man habe am Dienstagabend kurzfristig von Airlines Buchungen für 36 Zimmer erhalten.

Der EAP besitzt selber einige hundert Notbetten für Krisensituationen. Sie kommen aber nur in echten Notfällen zum Einsatz.

(mit Material der sda)