Münchenstein
Nach Hundeangriff auf Mädchen: Nehmen Probleme mit Vierbeinern generell zu?

Wer sich beim Zwischenfall am Gründonnerstag falsch verhalten hat, ist unklar – gerade weil sich die Hundeführerin bis jetzt nicht gemeldet hat. Der Hundeboom geht derweil ungebremst weiter.

Andreas Hirsbrunner
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Wer die Schuld beim Vorfall trägt, ist völlig offen. (Symbolbild)

Wer die Schuld beim Vorfall trägt, ist völlig offen. (Symbolbild)

Andrea Stalder

Eine Begegnung zwischen Kind und Hund, die am Gründonnerstagnachmittag auf dem Trottoir der Bottmingerstrassse in Münchenstein friedlich begann, endete chaotisch. Von der einen Seite näherte sich eine Mutter mit ihren beiden kleineren Kindern, von der andern Seite eine etwa 20-jährige Frau mit zwei angeleinten, mittelgrossen, schwarz-braunen Hunden. Der etwas ältere Knabe fragte die junge Frau, ob er die Hunde streicheln dürfe. Diese bejahte, worauf er den einen Hund berührte. Plötzlich streckte auch das dreijährige Mädchen von der Seite die Hand nach dem Hund aus. Dieser erschrak offenbar und biss das Mädchen in die Nase.

Die Aufregung sei gross gewesen, und die Mutter habe sich mit ihrer Tochter umgehend in ein Spital begeben, wo die Wunde an der Nase des Mädchens habe genäht werden müssen, schildert der Baselbieter Polizeisprecher Roland Walter den Ablauf. Was die Hundehalterin genau machte, weiss die Polizei nicht. Auf jeden Fall sind ihre Personalien unbekannt, und die Polizei sucht nach ihr. Die Mutter des verletzten Kindes hat laut Walter eine sogenannte Strafantrag-Kenntnisnahme unterzeichnet. Damit hält sie sich die Möglichkeit offen, innerhalb von drei Monaten einen Strafantrag zu stellen.

Wer die Schuld beim Vorfall trägt, ist völlig offen. Das umso mehr, da auch die Polizei im Moment nur eine Sichtweise kennt. Möglich, dass die Frau, die die Hunde ausführte, nicht die Besitzerin war und die Tiere nicht richtig einschätzen konnte. Möglich, dass der Hund völlig adäquat reagierte, weil sich das Kind ungeschickt verhielt respektive nicht richtig angeleitet wurde.

Immer mehr Leute ohne Hundewissen halten Hunde

Klar ist aber, dass Probleme mit Hunden zunehmen werden – dies zumindest denkt Andreas Rogger aus Nenzlingen. Er ist Geschäftsführer der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG) und bildet selber Hunde aus. Er macht dafür die Abschaffung der obligatorischen Hundekurse in der Schweiz per Ende 2016 verantwortlich. Die SKG habe sich damals vergeblich dafür eingesetzt, dass das Obligatorium für Neuhundehalter bestehen bleibe. Heute gelte diese Regelung in den Kantonen Wallis und Neuenburg, ein paar wenige Kantone wie Zürich hätten das Obligatorium für alle beibehalten, der grosse Rest inklusive aller Nordwestschweizer Kantone hätten keine Kurspflicht mehr. Das reduziere das Hundewissen von neuen Haltern.

Leider gäbe es auf eidgenössischer Ebene keine aussagekräftigen Bissstatistiken, weil die Meldepflicht verändert worden sei. Der Trend, dass Leute mit null Ahnung von Hunden solche Tiere hielten, habe sich nun in der Coronazeit stark beschleunigt. Rogger:

«Diese während der Pandemie angeschafften Hunde kommen jetzt ins pubertäre Problemalter, womit sich die Vorfälle zwischen Hunden und Menschen sowie Hunden und Hunden häufen werden.»

Ein Blick in die Statistik untermauert den Coronahundeboom: Im 2018 nahm der Baselbieter Hundebestand um 73 Tiere zu, im 2019 um 101, im 2020 stieg er um 545 auf 16'756 Hunde. Und in den ersten drei Monaten dieses Jahres kamen bereits 194 weitere dazu.