«Sie haben sich selbst ans Messer geliefert» - harte Worte wählte Richter Rupert Heindl bei der Verkündung des Urteils für Uli Hoeness im Steuer-Prozess. Hoeness liess den Richterspruch still und mit gesenktem Haupt über sich ergehen.
30 Minuten lang begründete der Vorsitzende Richter Rupert Heindl vor dem Landgericht München, weshalb Uli Hoeness für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis wandern soll. Hart waren die Worte, die der Richter wählte. Ein Mann und Machtmensch wie Uli Hoeness dürfte sich nicht gewohnt sein, dass jemand so mit ihm spricht.
Seine vor gut einem Jahr eingereichte Selbstanzeige sei «nicht nur missglückt, sondern erkennbar unzureichend» gewesen, das Finanzamt hätte auf dieser Basis nicht einmal eine annähernd korrekte Schätzung vornehmen können, sagte der Richter: «Da wurde nicht einfach irgendein Vermerk vergessen!»
«Aus Angst vor Entdeckung»
Still und mit gesenktem Haupt liess Hoeness den Richterspruch über sich ergehen. Nur einmal, so beschreiben es Prozessbeobachter, soll er kurz zusammengezuckt sein. Es war der Moment, als Rupert Heindl das Strafmass verkündete. «Sie waren getrieben von der Angst vor Entdeckung», meinte Heindl. Doch daran sei Hoeness selber schuld. Er habe Jahre Zeit gehabt, reinen Tisch zu machen. Dass er sämtliche Zahlen doch noch - wenn auch spät - offenlegte, habe ebenso für ihn gesprochen wie seine unbestrittenen sozialen Verdienste und seine bisherige Unbescholtenheit. Heindl blickte Hoeness in die Augen und sagte: «Sie haben sich selbst ans Messer geliefert.»
«Begeistert war er nicht»
Es müssen die längsten 30 Minuten im Leben des 62-jährigen Uli Hoeness gewesen sein: 42 Monate Haft für 28,5 Millionen Euro hinterzogener Steuern. Sofort nach dem Urteilsspruch verzog sich Hoeness, gefolgt von seiner Frau Susi, durch den Hinterausgang. Der Haftbefehl ist wegen der bereits bezahlten Kaution von fünf Millionen Euro ausgesetzt. Die Verteidigung hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Hoeness bleibt vorerst ein freier Mann. Sein Verteidiger Hanns Feigen sagte auf die Frage der wartenden Journalisten nach Hoeness' Gemütszustand nur: «Na, begeistert war er nicht.»
Es hätte noch schlimmer kommen können für den Präsidenten des FC Bayern. Am Vormittag forderte Staatsanwalt Achim von Engel wegen schwerer Steuerhinterziehung eine Gefängnisstrafe von 5,5 Jahren. Für Hoeness spreche zwar, dass er geständig und nicht vorbestraft und durch den Prozess an den öffentlichen Pranger gestellt worden sei. Doch die Milderungsgründe könnten eine Strafe auf Bewährung nicht rechtfertigen, sagte der Staatsanwalt.
Anschliessend hielt der Starverteidiger von Hoeness, Hanns Feigen, ein rund 50-minütiges Plädoyer. Selbst wenn das Gericht die Selbstanzeige für nicht wirksam erachte, sei eine Strafe auf Bewährung «tat- und schuldangemessen», führte er aus. Feigen betonte das soziale Engagement von Uli Hoeness. Das letzte Wort vor der Urteilsverkündigung gehörte danach Hoeness. Doch der Fussballmanager machte davon keinen Gebrauch: «Ich habe dem Vortrag meines Verteidigers nichts hinzuzufügen. Er hat alles gesagt, was ich nicht besser hätte formulieren können.»
Die Reaktionen auf den Urteilsspruch fielen unterschiedlich aus. Unklar ist, wie die FC Bayern München AG auf die Verurteilung ihres Verwaltungsratspräsidenten reagieren wird. Zu vermuten ist, dass Hoeness von seinen Spitzenämtern beim Champions-League-Sieger von 2013 zurücktreten muss. Volkswagen-Chef Martin Winterkorn, Mitglied im Bayern-Aufsichtsrat, kündigte an, das Gremium werde sich demnächst öffentlich zur Zukunft von Uli Hoeness bei der FC Bayern AG äussern.
Urteil wohl Ende Jahr
Ob Hoeness tatsächlich ins Gefängnis muss, steht noch aus. Im Durchschnitt dauert ein Revisionsverfahren neun Monate. Selbst, wenn die oberste Instanz das Urteil bestätigt, wird Hoeness nicht in Handschellen abgeführt. Er hätte dann vier bis sechs Wochen Zeit, sich in der entsprechenden Justizvollzugsanstalt (JVA) freiwillig einzufinden.