«Als Zeitungsleserin finde ich so etwas absurd»

Nachgefragt

Richard Clavadetscher
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Regula Vogel, Chefin des Veterinäramtes des Kantons Zürich. (Bild: PD)

Regula Vogel, Chefin des Veterinäramtes des Kantons Zürich. (Bild: PD)

Die Veterinärin Regula Vogel, Chefin des Veterinäramts des Kantons Zürich, über die Grundsätze bei der Beurteilung und der Bewilligung von Tierversuchen.

Regula Vogel, geht es um Tierversuche, kommen sofort Emotionen ins Spiel. Wie geht das Veterinäramt des Kantons Zürich das Thema an?

Als zuständige Fachstelle handeln wir im Rahmen der sehr detaillierten Bestimmungen der Tierschutzgesetzgebung. Wir erteilen die Bewilligungen für Tierversuche und Versuchstierhaltungen, führen Kontrollen durch und arbeiten sehr eng mit der elfköpfigen Tierversuchskommission zusammen. Der Kommission gehören verschiedene Fachleute an, auch solche aus den Bereichen Tierschutz und Ethik. Alle Beteiligten engagieren sich stark im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen für das Tierwohl.

Was sind in groben Zügen die Grundsätze, auf die Sie sich bei Ihren Beurteilungen und Bewilligungen abstützen?

Das Tierschutzgesetz schreibt vor, Tierversuche auf das unerlässliche Mass zu beschränken. Anhand des konkreten ­Gesuchs werden die drei R – Replace, Reduce, Refine – sowie die notwendige Infrastruktur, die Tierhaltung und die personellen Voraussetzungen geprüft. Die drei R bedeuten: Tierversuche dürfen nur für bestimmte Fragestellungen, zum Beispiel für Medikamentenerforschung, überhaupt bewilligt werden. Darüber hinaus muss im Einzelfall belegt sein, dass die konkrete Fragestellung nicht ohne Tiere beantwortet werden kann, zum Beispiel Zellkulturverfahren eingesetzt werden können. Weiter wird geprüft, ob das Forschungsresultat nicht mit weniger Tieren erreicht werden kann. Schliesslich wird alles darangesetzt, dass die notwendigen Tiere möglichst wenig Belastungen wie Schmerzen, Schäden, Angst oder Leiden erfahren müssen. Nach alldem muss die Tierversuchskommission zusätzlich eine Güterabwägung vornehmen. In dieser wird die Bedeutung der Zielsetzung des Versuchs gegen die Belastungen der ­einzusetzenden Tiere abgewogen. Nur wenn die Abwägung zu Gunsten der Zielsetzung ausfällt, darf das Veterinäramt den Versuch bewilligen.

Wir fragen Sie natürlich aus aktuellem Anlass: die Dieselabgase, die Affen und offenbar auch Menschen in Deutschland einzuatmen hatten, um deren Schädlichkeit zu untersuchen. Aus Laiensicht erscheint dieses Vorgehen absurd. Und aus Sicht der Fachperson?

Als Zeitungsleserin finde ich so etwas ebenfalls absurd. Als Fachperson müsste ich ein solches Vorhaben wie oben dargelegt im Detail prüfen und nach den gesetzlichen Vorgaben beurteilen können.

Würde ein solcher Versuch in der Schweiz denn überhaupt bewilligt?

Ohne detaillierte Gesuchsangaben kann ich dazu keine Stellung nehmen.

Wenn Sie die Ethikgrundsätze für Versuche an Tieren und an Menschen in Deutschland und der Schweiz vergleichen: Sind die ähnlich oder unterscheiden sie sich deutlich?

Tierversuchsprojekte müssen auch in Deutschland bewilligt werden und sind detailliert geregelt. Im Einzelnen weichen Vorschriften jedoch von denjenigen in der Schweiz ab. Für Auskünfte be­treffend Versuche an Menschen ist das Veterinäramt nicht zuständig.

Interview: Richard Clavadetscher