Im Alter von 70 Jahren ist der amerikanische Radiomoderator Rush Limbaugh am Mittwoch an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben. Er krempelte nicht nur die Radiobranche um. Er drückte auch der konservativen Bewegung in Amerika den Stempel auf.
Das Format des Radioprogramm war seit 1988 unverändert. Zuerst erklang die Titelmelodie, der unverkennbare Bassriff des Liedes «My City Was Gone» der Pretenders. Anschliessend meldete sich Rush Limbaugh mit einem launigen Spruch zu Wort, einer Schlaumeierei über sein Talent zum Beispiel, das ihm Gott ausgeliehen habe. Und dann begann der Radiomoderator mit seinem Monolog.
Und spätestens dann wurde es für seine Zuhörer, in den besten Zeiten eine zweistellige Millionenzahl, so richtig interessant. Denn Limbaugh, geboren im Jahr 1951, liebte die Provokation. Die Überraschung. Die Kontroverse. Und das Gespräch mit dem ganz normalen Bürger, der sich von Limbaugh die Welt erklären lassen wollte. «Dittoheads», nannten sich diese Fans, und häufig hörte man ihren Stimmen an, wie geehrt sie sich fühlten, dass sie ihrem Idol endlich einmal eine Frage stellen durften.
Limbaugh gab sich in solchen Momenten stets demütig — als begreife er es immer noch nicht, wie er vom Studienabbrecher aus der Kleinstadt Cape Girardeau (Missouri) zum Multi-Millionär mit einem Jahreseinkommen von 85 Millionen Dollar aufsteigen konnte. Dies hängt auch damit zusammen, dass der Aufstieg des Mannes, der später zum «König des Talk Radio» gekrönt wurde, alles andere als gradlinig war. Zu Beginn seiner Karriere, als sich Limbaugh unter dem Pseudonym Jeff Christie als DJ im Grossraum Pittsburgh (Pennsylvania) seine Sporen abverdiente, wurde er mehrmals gefeuert. Von 1979 bis 1983 arbeitete er deshalb für eine Baseball-Mannschaft in Kansas City (Missouri). Doch seine Liebe zum Medium Radio liess ihn nie los. Also ergriff Limbaugh jede Chance, die sich ihm bot. 1983 in Sacramento (Kalifornien) und dann ab 1988 in New York City hatte er schliesslich Erfolg.
Zu Gute kamen Limbaugh dabei zwei Entwicklungen. Erstens waren die Mittelwellensender verzweifelt auf der Suche nach neuen Talenten und neuen Sendeformaten, da ihre Hörer zu den neuen Kurzwellensender abwanderten. Und zweitens wurde 1987 die «Fairness Doctrine» der Aufsichtsbehörde FCC (Federal Communications Commission) abgeschafft. Von nun an waren Konzessionäre nicht mehr gezwungen, linken und rechte Meinungsäusserungen auszubalancieren. Für einen Mann wie Rush Limbaugh, der sein Publikum unterhalten und Geld verdienen wollte, gab es kein Halten mehr.
Anfänglich war «The Rush Limbaugh Show», die er an der Ostküste immer wochentags von Mittag bis 15 Uhr aufzeichnete, noch nicht komplett der Politik gewidmet. Der konservative Moderator sprach häufig über Populärkultur und seine Liebe zu technischen Gadgets.
Spätestens ab den Neunzigerjahren wurde er aber primär als politische Stimme wahrgenommen. Als es den Republikanern 1994 in der nationalen Wahl gelang, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückzuerobern, bedankte sich der neue Speaker Newt Gingrich auch bei Limbaugh für diesen Triumph. Später, unter den Präsidenten George W. Bush (ein Republikaner) und Barack Obama (ein Demokrat) sorgte der Radiomoderator in seiner Show dafür, dass die republikanischen Volksvertreter in Washington keine allzu grossen Konzessionen machten. Auch dank dem Widerstand von «Talk Radio» – einer losen Gruppe von konservativen Radiomoderatoren um Limbaugh, Sean Hannity, Mark Levin und Michael Savage – scheiterten 2007 und 2014 geplante Reformen der Einwanderungsgesetzgebung.
Die Waffe, die Limbaugh dabei schwang, war sein (goldenes) Mikrofon. Er konnte, ohne gross auf Fakten Rücksicht zu nehmen, die Karriere eines Berufspolitikers beenden, indem er ihn kritisierte oder seinen Gegner in den Vorwahlen unterstützte. Damit verbreitete er Angst und Schrecken unter republikanischen Volksvertretern.
Und letztlich bereitete er damit auch den Weg für Donald Trump. Denn der Unternehmer aus New York entsprach in den Augen seiner Zuhörer dem Idealbild eines Politikers: Ein Mann, der immer sagt, was er denkt, sich nie entschuldigt, und stets zurückschlägt, wenn er attackiert wird. Kein Wunder, zeichnete Trump seinen alten Bekannten im Februar 2020 mit der «Presidential Medal of Freedom» aus, eine der höchsten zivilen Auszeichnungen Amerikas. Limbaugh wiederum unterstützte Trump bis zuletzt durch dick und dünn. So sprach er noch Anfang Januar darüber, wie das nationale Parlament im letzten Moment verhindern könne, dass der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden zertifiziert werde. Nach den Ausschreitungen in Washington am 6. Januar verglich er die blutigen Ausschreitungen mit der amerikanischen Revolution.
Limbaugh: “There's a lot of people calling for the end of violence...I am glad Sam Adams, Thomas Paine, the actual Tea Party guys, the men at Lexington and Concord didn't feel that way.”pic.twitter.com/Sr3Pw68YeV
— Angelo Carusone (@GoAngelo) January 7, 2021
Die hohe Auszeichnung für den Radio-Provokateur stiess im linken Amerika auf heftigen Protest, hatte Limbaugh doch in seiner Karriere immer wieder mit sexistischen, rassistischen, fremdenfeindlichen oder schlicht dummen Aussagen für Kontroversen gesorgt. Für seine Anhänger waren diese Proteste bloss eine weitere Bestätigung dafür, dass Limbaugh recht habe, wenn er gegen die angebliche Intoleranz des linken Amerikas wetterte. Seine Fans verziehen Limbaugh selbst seine drei Ehescheidungen. Erst mit Gattin Nummer vier fand der Radiomoderator auch privat sein Glück.
Kathryn Limbaugh war es, die das Radiopublikum ihres Gatten am Mittwoch über den Tod ihres Gatten informierte. Demnach starb Rush Limbaugh am Mittwoch im gemeinsamen Haus in Palm Beach (Florida) an den Folgen seiner Lungenkrebs-Erkrankung. Er war 70 Jahre alt.