Nordkorea
Atomwaffenfabrik in Betrieb genommen: Bastelt Kim wieder an der Bombe?

Die atomare Bedrohung aus Nordkorea wird konkret: Nach eigenen Angaben hat das Regime in Pjöngjang die Anlagen zur Herstellung von Atomwaffen wieder in Betrieb genommen. Die Ankündigung ist nicht überprüfbar. Südkorea und die USA sind alarmiert.

Felix Lee, Peking
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Die Anlage Yongbyon aus der Satellitenperspektive.
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Experten gehen davon aus, dass aus altem Bestand noch 30 bis 50 Kilogramm Plutonium in Nordkorea vorhanden sind.
Im Oktober 2006 führte Nordkorea drei unterirdische Atombombentests durch.
Die "Atomwaffenfabrik" wurde in den 1960er-Jahre gebaut.
Kim Jong Il, der Vater des heutigen Diktators Kim Jong Un, verfügte 2007 die Schliessung der Anlage. Im Gegenzug erhielt er internationale Wirtschaftshilfe. Das Bild zeigt die Sprengung eines Kühlturms im Jahr 2008.
Die Atomwaffenfabrik Yongbyon in Nordkorea

Die Anlage Yongbyon aus der Satellitenperspektive.

Keystone

Bereits vor mehr als zwei Jahren hatte das Regime in Pjöngjang angekündigt, es wolle seine 2007 still gelegten Atomkomplex Yongbyon wieder in Betrieb nehmen.

Im April 2013 war das. Doch dann wurde es still um die Anlagen. Und auch wenn US-amerikanische sowie südkoreanische Geheimdienste regelmäßig von „Aktivitäten“ berichteten – bei der Ankündigung des nordkoreanischen Regimes schien es sich mehr um Drohgebärden zu handeln. Ernsthafte Hinweise auf eine Wiederaufnahme der höchst umstrittenen Anlagen gab es keine.

Nun geht es aber Schlag auf Schlag – zumindest offiziellen Angaben zufolge. Am Dienstag verkündete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA, Nordkorea habe alle Anlagen für die Atomwaffenproduktion in Yongbyon modernisiert und wieder in Betrieb genommen.

Dazu gehörten auch der Fünf-Megawatt-Reaktor, eine Wiederaufarbeitungsanlage und eine weitere Anlage zur Anreicherung von Uran, aus dem waffenfähiges Plutonium hergestellt werden kann.

Zitiert wird der Leiter des Atomforschungsinstituts, der unverhohlen davon sprach, «kontinuierlich die Qualität und Quantität der nuklearen Abschreckung Nordkoreas» verbessert zu haben. Sein Land sei bereit, «Feindseligkeiten der USA jederzeit mit Nuklearwaffen zu begegnen».

Eine riesige Geburtstagsrakete

Wenige Stunden zuvor hatte KCNA bereits gemeldet, dass der Bau eines neuen Satelliten kurz vor der Fertigstellung sei. Er könne schon bald ins All geschossen werden.

Damit will das Regime suggerieren, dass ein weiterer Abschuss einer Langstrecken-Rakete unmittelbar bevorstehe. Experten in Südkorea befürchten, dies könne am 10. Oktober geschehen. An dem Tag begeht das Regime den 70. Jahrestag der Gründung der herrschenden Arbeiterpartei – als Geburtstagsgeschenk quasi.

Südkoreas Regierung zeigte sich am Dienstag entsprechend alarmiert. Das Verteidigungsministerium in Seoul warnte vor einer «Ernst zu nehmenden militärischen Bedrohung».

Die USA verurteilten das Vorgehen als eine «klare Verletzung der UN-Resolutionen». Sie verbieten Nordkorea seit 2006 jegliche Nutzung von ballistischer Raketentechnologie. Nordkorea hat in den vergangenen Jahren allerdings bereits zwei Mal Raketen ins All geschossen – eine zerschellte nur wenige Sekunden nach dem Start, die andere jedoch gelang erfolgreich ins All.

Veraltete Atom-Anlagen

Die Atomanlagen in Yongbyon standen allerdings jahrelang still. Und auch jetzt gibt es Zweifel, ob die Anlagen wirklich wieder in Betrieb sind. Viele der Geräte sind veraltet. China und Russland, einst Verbündete von Nordkorea, tragen die UN-Sanktionen mit. Von ihnen kommt keine technische Unterstützung mehr.

In den 1960er Jahren hatte die damalige Führung in Pjöngjang mit sowjetischer Hilfe die Anlage errichten lassen – damals noch in friedlicher Absicht. Bereits in den 1970er Jahren gelang es dem Regime unter Kim Yong-Uns Großvater den Reaktor auf hoch angereichertes Uran umzustellen. Etwa in dieser Zeit baute Pjöngjang einen zweiten Reaktor, der auch waffenfähiges Plutonium erzeugen konnte. Doch erst in den 1980er Jahren dämmerte der Weltgemeinschaft: Nordkorea bastelt an einer eigenen Atombombe.

Der junge Kim will die Bombe

Nachdem 2003 Nordkorea offiziell aus dem Atomwaffensperrvertrag austrat und im Oktober 2006 unterirdische drei Atombomben testete, verhängte der UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen das ohnehin weitgehend isolierte und wirtschaftlich verarmte Land. Die Sanktionen wirkten: Der damalige Diktator Kim Yong-Il, der Vater des jetzigen Machthabers Kim Yong-un, versprach im Februar 2007 die Schließung der Atomanlage in Yongbyon. Im Gegenzug erhielt er die versprochene Wirtschaftshilfe.

Doch seitdem der junge Kim Yong-Un die Macht übernommen hat, verfolgt das Regime wieder unverhohlen das Ziel der atomaren Bewaffnung. Der Federation of American Scientists (FAS) zufolge verfügt Nordkorea noch aus altem Bestand über 30 bis 50 Kilogramm Plutonium.

Zusammen mit dem hochangereicherten Uran könne es sechs bis zehn Atomsprengköpfe bestücken. Sollte Yongbyon tatsächlich wieder in Betrieb sein, kann sich die Zahl südkoreanischen Experten zufolge in wenigen Jahren mehr als verzehnfachen.