Iran-Konflikt
Bei US-Luftangriff getötet: Soleimani war der mächtigste Agent im Nahen Osten

Den iranischen General, den die USA am Donnerstag bei einem Drohnenangriff in der irakischen Hauptstadt Bagdad getötet haben, kannte kaum jemand im Westen. Im Nahen Osten aber war Qassem Soleimani, 62, eine grosse Nummer.

Michael Wrase aus Limassol
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Irans Top-Agent Qassem Soleimani wurde am Freitag getötet.

Irans Top-Agent Qassem Soleimani wurde am Freitag getötet.

CH Media

Als Qassem Soleimani 1998 zum Kommandeur der iranischen Al-Quds-Brigaden befördert wurde, erhielt er einen klaren Auftrag: Nie wieder sollte der Iran von arabischem Boden aus angegriffen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte Soleimani dafür sorgen, dass der Iran die arabischen Nachbarstaaten dominiert, ohne sie zu besetzen. Erfahrung bei der «Vorwärtsverteidigung» hatte er bereits im Libanon gemacht, wo er die schiitische Hisbollah zur schlagkräftigsten Miliz im Nahen Osten hochrüstete.

Der von politischem Chaos gefolgte Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein durch das US-Militär im Jahr 2003 machte es Soleimanis Strategen leicht, ihr engmaschiges Netzwerk auch im Irak aufzuspannen. Der General, den CIA-Offizier John Maguire als «mächtigsten Agenten im Nahen Osten» bezeichnete, hielt sich dabei stets im Hintergrund.

Soleimani stammt aus der ostiranischen Provinz Kerman. Er galt als geschickt und extrem ehrgeizig, weshalb er sogar ohne militärische Ausbildung und Erfahrung in die iranischen Revolutionsgarden aufgenommen worden ist. Im achtjährigen Krieg gegen den Irak von 1980 bis 1988 hatte Soleimani an allen wichtigen Operationen teilgenommen und dabei wichtige Erfahrungen in der asymmetrischen Kriegsführung gesammelt. Nach dem Waffenstillstand im Sommer 1988 führte er das Kommando im Guerillakrieg gegen die afghanischen Drogenkartelle im Südosten Irans.

Genialer Vordenker

Seine wichtigste Bewährungsprobe hatte Soleimani in Syrien zu bestehen, das als Mittelmeeranrainer für Iran bis heute eine herausragende geostrategische Rolle spielt. Als sich der Arabische Frühling im März 2011 auch gegen das Assad-Regime richtete, zeigte die syrische Armee bald Zerfallserscheinungen: aus Sicht des Iran ein politisches Fiasko. Innert kürzester Zeit organisierte Soleimani den Widerstand. Zehntausende von schiitischen Milizionären wurden nach Syrien gebracht, wo sie das Assad-Regime stabilisierten und letztendlich retteten.

Soleimani selbst rückte fortan als genialer Vordenker immer mehr in den Blickpunkt der arabischen Öffentlichkeit. Dass ein Perser ein arabisches Regime retten würde, war für die Machthaber in Riad, Abu Dhabi und Ankara eine unerhörte Provokation. Entsprechend gefeiert wurde der Kommandant der Al-Quds-Brigaden in seinem Heimatland, wo er zum engsten Berater von Revolutionsführer Ali Khamenei aufstieg und sogar als Präsidentschaftskandidat gehandelt wurde. Der Geistliche hatte seinen wichtigsten General bereits vor seinem Tod am Bagdader Flughafen als einen «lebenden Märtyrer» gefeiert.