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Das Rahmenabkommen könnte in den nächsten Tagen abgeschlossen werden – wenn bloss die Politik nicht wäre. Die Doppelvakanz im Bundesrat macht es noch schwieriger.
Einer ginge ja noch. Aber mit gleich zwei abtretenden Bundesräten ein Rahmenabkommen mit der EU ausverhandeln? Immerhin könnten die Mehrheiten im Bundesrat nach der Ersatzwahl von Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann anders sein. Die neuen Magistraten müssten ausbaden, was ihre Vorgänger beschlossen haben. Als «nicht ideal» bezeichnet der Bündner Ständerat Stefan Engler deshalb die Doppelvakanz in Bezug auf die Europapolitik. Und der Luzerner Ständerat Konrad Graber schlägt vor: «Man könnte der EU mitteilen, sie müsse Verständnis haben, dass wir jetzt eine neue Ausgangslage und eine Phase der instabilen Regierung haben.»
In Brüssel will man von solchen Erwägungen nichts hören. Wie bei der Rücktrittsankündigung von Schneider-Ammann hiess es auch gestern, es gelte in den kommenden Wochen Fortschritte zu erzielen. Das Ziel bleibe der Abschluss in diesem Jahr.
Genauer: bis zum 15. Oktober. Diese Deadline soll gemäss informierten Kreisen seit neuem gelten. Junckers Beamte wollen kurz vor dem entscheidenden Brexit-Gipfel vom 18. Oktober zeigen, dass man mit der Schweiz ganz ähnlich gelagerte Probleme lösen kann. Bundespräsident Alain Berset dürfte am selben Datum ohnehin am Europa-Asien-Gipfel in Brüssel sein und könnte das Abkommen gerade unterschreiben, so der Plan.
Technisch sei nun sowieso alles ausverhandelt, lassen Brüsseler Gesprächspartner wissen. Dabei hat man auch eine Lösung in Aussicht, die den Streit um die Flankierenden Massnahmen und die Acht-Tage-Regel aus der Sackgasse holen könnte. Die Frist von acht Tagen zur Voranmeldung für entsandte Arbeiter kann zwar nicht generell beibehalten werden.
Aber: Je nach Branche und Kanton dürften durchaus mehrere Tage drinliegen. Beispielsweise im Baugewerbe in grenznahen Kantonen, wo bei Kontrollen erfahrungsgemäss die meisten Verstösse gegen die Schweizer Lohschutzbestimmungen festgestellt werden. Das Vorgehen hätte eine Ähnlichkeit zur methodischen Ermittlung der Stellenmeldepflicht bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Für die EU entscheidend ist, dass der Grundsatz der Verhältnismässigkeit und Nicht-Diskriminierung gewahrt wird, heisst es. Die Schweiz müsste faktengestützt aufzeigen, weshalb sie zusätzliche Massnahmen zum Lohnschutz in gewissen Regionen und Branchen einführen will.
Eine weitgehende Einigung scheint man auch bei den Staatsbeihilfen, dem zweiten Stolperstein, erreicht zu haben. Demnach wäre die Bildung einer eidgenössischen Aufsichtsbehörde so umsetzbar, dass die Kantons-Hoheit nicht massgeblich beschnitten und damit eine Verfassungsänderung samt Ständemehr beim Referendum provoziert würde. Angesichts der sonst schon kontroversen Debatte um das institutionelle Rahmenabkommen möchte man diese zusätzliche Hürde unbedingt vermeiden.