Gipfel
China verspricht eine transparentere Seidenstrasse

Staatschef Xi will andere Länder nicht mehr in Schulden stürzen. Die Skepsis bleibt.

Felix Lee, Peking
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Begrüssung vor der Grossen Halle des Volkes in Peking: Pompöse Bühne für den zweiten Seidenstrassen-Gipfel.

Begrüssung vor der Grossen Halle des Volkes in Peking: Pompöse Bühne für den zweiten Seidenstrassen-Gipfel.

KEYSTONE

Eins ist dieses Mal anders als vor zwei Jahren beim ersten grossen Seidenstrassen-Gipfel: Obwohl bei diesem zweiten Zusammentreffen Regierungsvertreter von noch mehr Ländern der Einladung Pekings gefolgt waren, fiel alles sehr viel bescheidener aus. Die Prachtalleen der chinesischen Hauptstadt waren nicht ganz so üppig mit frischen Blumen bepflanzt. In den Staatsmedien erschienen im Vorfeld sehr viel weniger Propaganda-Texte über das Mega-Infrastrukturprojekt.

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping wirkte geradezu reumütig. Er versprach, die Einhaltung «höchster Standards und international üblicher Regeln» bei Chinas Auslandsengagement und verpflichtete sich zur Unterstützung einer «offenen, sauberen und grünen Entwicklung». Korruption dürfe nicht geduldet werden. Auch Grosskredite dürfen sich nur im Rahmen der Finanzkraft der Empfängerländer bewegen, versicherte er. Protektionismus lehne er ab.

Politische Grossoffensive

Drei Tage lang hatten sich fast 40 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt in Peking getroffen, um über die nächste Phase der «Neuen Seidenstrasse» zu sprechen. Hinter dem altertümlich-romantischen Namen verbirgt sich eine aussenpolitische und wirtschaftliche Grossoffensive.

In Anlehnung an die historischen Routen zwischen dem Mittelmeerraum und Ostasien will China neue Handels- und Verkehrsrouten zwischen den Kontinenten aufbauen und verspricht ein Netz aus neuen Häfen, Eisenbahnlinien, Strassen und Industrieparks in Asien, Afrika und Europa. China will damit neue Absatzmärkte an sich binden. Der offizielle Name lautet «Belt-and-Road-Initiative».

Kritiker warnen, dass finanziell verwundbare Länder in eine Schuldenfalle und wachsende Abhängigkeit von China geraten könnten. Sri Lanka etwa kann seine Schulden an Peking nicht mehr zurückzahlen und hat dafür den Chinesen bereits die Kontrolle über einen Tiefwasserhafen für 99 Jahre übertragen. Ein weiterer Kritikpunkt ist die fehlende Umweltverträglichkeit etwa von Kohle- oder Wasserkraftwerken.

Das hat zahlreiche Regierungschefs anderer Länder nicht davon abgeschreckt, sich dennoch auf das chinesische Megaprojekt einzulassen. 125 Länder konnte die chinesische Führung bereits als Partner gewinnen.

Für viele Länder ist die Teilnahme vor allem deshalb attraktiv, weil Peking sie mit zinsgünstigen Krediten versüsst und dem Bau von neuen Autobahnen. Auf dem Gipfel hat Chinas Präsident Xi zufolge weitere Verträge mit einem Gesamtvolumen von 64 Milliarden Dollar abschliessen können.

Mit Schweizer Beteiligung

Unter den Teilnehmern des Treffens waren unter anderem Russlands Präsident Wladimir Putin, Pakistans Premierminister Imran Khan sowie der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte. Die italienische Regierung war der Seidenstrasseninitiative als erster G-7-Staat im März formal beigetreten und hatte damit einige ihrer europäischen Partner vor den Kopf gestossen. Auch Bundespräsident Ueli Maurer sowie der österreichische Bundeskanzler nahmen teil. Sebastian Kurz hatte im Vorfeld versprochen, nicht dem Beispiel Italiens zu folgen.

Aus Deutschland war Wirtschaftsminister Peter Altmaier angereist. Er kritisierte vor Ort die Bereitschaft einiger EU-Länder, sich auf die Seite Chinas ziehen zu lassen. Er werde alles dafür tun, dass die EU in China möglichst geschlossen auftrete, hatte er vor Beginn des Forums versprochen. Altmaier ist auf der Veranstaltung mit seiner skeptischen Haltung nicht allein. In mindestens sieben Ländern ist anfängliche Begeisterung sogar in offene Ablehnung umgeschlagen.

Malaysia ist kurzerhand aus dem gemeinsamen Bau einer Eisenbahnlinie an der Ostküste wieder ausgestiegen. Die neue Regierung kritisierte die enormen Kredite, die es dabei auf sich nehmen musste. Zudem störte sie sich an der grassierenden Korruption im Umfeld der Bauvorhaben. Auch Indien und die USA äussern ihre Bedenken. Washington hat erst gar keinen Vertreter zu dem Treffen nach Peking geschickt.

Doch China gibt sich kompromissbereit. Die Bedingungen des Projekts in Malaysia hat Peking stark nachgebessert und es nebenbei noch ein Drittel billiger gemacht. Die Regierung dort ist zwar immer noch skeptisch, nimmt die Zusammenarbeit aber nun wieder auf.

Generell sei die Ankündigung von Verbesserungen durchaus ernst zu nehmen, sagen Experten. «Die Belt-and-Road-Initiative geht in eine neue Phase, in der sie offener und transparenter wird», glaubt Jinny Yan, Chefökonomin bei der ICBC Standard Bank in London.

Ob Chinas Engagement so glaubwürdiger wird? Kritiker bezweifeln das, geben zugleich aber zu, dass China die globale Entwicklungspolitik mit seiner Initiative aufgemischt hat. Die EU hat als Reaktion darauf eine eigene Strategie der Anbindung Asiens durch einen Wirtschaftskorridor entwickelt. Japan und die USA investieren plötzlich wieder mehr in Afrika. Selbst Chinas Rivale im Süden, Indien, will sich trotz eigener Probleme international mehr engagieren.