Finale nach einer Wahlkampf-Schlammschlacht: Die USA haben am Dienstag über die Nachfolge von Präsident Barack Obama entschieden. Die Demokratin Hillary Clinton galt als Favoritin, konnte aber nicht sicher von einem Sieg über ihren republikanischen Rivalen Donald Trump ausgehen.
Die meisten Umfragen sagten der früheren Aussenministerin, Senatorin und First Lady einen Sieg voraus. Allerdings gibt es in diesem Jahr eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Bundesstaaten, in denen das Rennen immer noch auf der Kippe steht.
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Trumps Berater gaben sich deshalb zuversichtlich, dass der Immobilienmilliardär und Quereinsteiger am Ende dennoch die Nase vorne haben wird. Sie verwiesen auf das Brexit-Referendum, als die Briten ebenfalls anders als erwartet für einen Ausstieg aus der EU stimmten.
Nach einer Rekordzahl von Frühwählern zeichnete sich auch am Dienstag eine hohe Wahlbeteiligung ab. Vor vielen Wahllokalen bildeten sich lange Schlangen, vor allem in stark umkämpften Bundesstaaten wie North Carolina und Michigan.
Vereinzelt kam es zu technischen Problemen, mussten die Organisatoren kurzfristig auf Papierwahlzettel zurückgreifen. Sowohl beide Parteien als auch unabhängige Gruppen entsandten Tausende Wahlbeobachter.
Im Bundesstaat Nevada wies eine Richterin kurz vor Schliessung der Wahllokale eine Klage des Wahlkampf-Lagers Trumps ab, der laut mehreren US-Medien Klage gegen ein Wahlamt in einem Bezirk eingereicht hatte. Trump hatte angeblich beklagt, dass die Öffnungszeiten mehrerer Wahllokale in einem Bezirk bei den Frühwahlen in der vergangenen Woche um bis zu zwei Stunden verlängert worden waren.
Den Wahlauftakt machte in der Nacht auf Dienstag die traditionelle mitternächtliche Abstimmung in drei Örtchen im US-Bundesstaat New Hampshire. Im kleinsten der Orte, Dixville Notch, setzte sich die 69-Jährige mit 4:2 Stimmen gegen ihren um ein Jahr älteren Rivalen durch.
Wenige Stunden später gaben Clinton und ihr Ehemann, der frühere Präsident Bill Clinton, am Dienstagmorgen in einem Wahllokal in ihrem Wohnort Chappaqua (New York) ihre Stimme ab. Trump wählte derweil in seiner Heimatstadt New York gemeinsam mit seiner Ehefrau Melania, wo er von Dutzenden Schaulustigen laut ausgebuht wurde.
In mehreren Interviews liess Trump erneut offen, ob er das Wahlergebnis bei einem Sieg Clintons akzeptieren werde. Trump hatte im Wahlkampf immer wieder erklärt, dass das Wahlsystem "gezinkt" sei.
In den letzten Stunden des Wahlkampfs hatten Clinton und Trump noch einmal versucht, in besonders heiss umkämpften US-Staaten - den sogenannten Swing States - die Bürger auf ihre Seite zu bringen. Beide Kandidaten investierten zum Schluss noch einmal Millionen Dollar in TV-Werbespots.
Vor einer jubelnden Menge in Raleigh im Bundesstaat North Carolina rief die Demokratin dazu auf, für ein "hoffnungsvolles, integratives und grossherziges Amerika" zu stimmen. In Philadelphia jubelten ihr 40'000 Menschen zu.
Auch Trump mobilisierte noch einmal in mehreren Swing States seine Anhänger und versprach bei einem Auftritt in Grand Rapids in Michigan, die USA zu einen. "Heute ist unser Unabhängigkeitstag", zitierte er leicht verändert einen Spruch aus dem Hollywood-Film "Independence Day" von 1996. Auch via Twitter rief er seine Anhänger am Dienstag eindringlich zur Wahl auf.
An der Ostküste schliessen die Wahllokale ab 01.00 Uhr (MEZ) in der Nacht zum Mittwoch. Danach werden erste Prognosen und Ergebnisse einzelner Staaten erwartet. Vor 04.00 Uhr MEZ ist nicht mit der Verkündung des Wahlsiegers oder der Wahlsiegerin zu rechnen.
Die US-Wähler bestimmen ihren Präsidenten nicht direkt, sondern wählen - vorwiegend per Mehrheitswahl - ein aus 538 Mitgliedern bestehendes Kollegium, das dann den Präsidenten kürt. Die notwendige Mehrheit im "Electoral College" liegt bei 270 Stimmen.
Wegen der weitverbreiteten Möglichkeiten zur vorgezogenen Stimmabgabe hatten die US-Wahlen de facto schon vor Wochen begonnen. Rund 40 der etwa 219 Millionen wahlberechtigten Menschen gaben schon vor dem eigentlichen Wahltag ihre Stimme ab.
Wer auch immer gewinnt, auf den nächsten Präsidenten kommt die Herkules-Aufgabe zu, das zutiefst gespaltene Land wieder zu einen. Er wird am 20. Januar in das Weisse Haus einziehen und Amtsinhaber Obama nach dessen achtjährigen Amtszeit ablösen. Obama war der erste schwarze Präsident in der US-Geschichte.
Parallel zur Präsidentenwahl entscheiden die US-Wähler am Dienstag auch über die Zusammensetzung des Kongresses. Gewählt werden die Abgeordneten des gesamten Repräsentantenhauses sowie ein Drittel der 100 Senatoren. Zudem finden Referenden über eine Vielzahl von Gesetzesinitiativen statt.