Streit zwischen Emiratenherrscher

Twist zwischen arabischen Brüdern: Der Herrscher von Dubai, Mohammed bin Rashid al-Maktoum, kritisiert die Interventionspolitik des Emirates Abu Dhabi im Jemen und anderen Staaten der Region.

Michael Wrase, Limassol
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Mohammed bin Rashid al-Maktoum,ist Herrscher des Emirats Dubai und Premierminister, Verteidigungsminister sowie Vizepräsident der Vereinigten Arabischen Emirate. Bild: imago (Warschau, 8. Juni 2015)

Mohammed bin Rashid al-Maktoum,ist Herrscher des Emirats Dubai und Premierminister, Verteidigungsminister sowie Vizepräsident der Vereinigten Arabischen Emirate. Bild: imago (Warschau, 8. Juni 2015)

«Um die Menschen zufriedener zu machen» war in den Vereinigten Arabischen Emiraten vor zwei Jahren ein «Ministerium des Glücks» geschaffen worden. Gleichzeitig wurde auch eine Ministerin für Toleranz ernannt, die als «fundamentaler Wert in der Gesellschaft» gepriesen wurde. Tatsächlich ist fundamentale Kritik in den sieben Emiraten am Persischen Golf unerwünscht. Kritik an den Herrschern gilt als «Majestätsbeleidigung», weshalb meist darauf verzichtet wird.

Eine Ausnahme machte dieser Tage ein Mann, der es sich leisten kann: In mehreren «Tweets» philosophierte der populäre Herrscher von Dubai, Scheich Mohammed bin Rashid al-Makhtoum, über die Interventionspolitik «arabischer Herrscher» im Mittleren Osten, ohne diese ausdrücklich beim Namen zu nennen. «Das Leben hat mich gelehrt, dass eine Einmischung in unserer arabischen Welt Zeitverschwendung, geradezu obszön, eine Verschleuderung von Ressourcen ist», textete Scheich Mo», wie der beliebte Scheich von Dubai von Freunden genannt wird – und fügte mahnend hinzu: Wenn jemand für sein Volk etwas wirkliches Grosses erreichen wolle, dann müsse «die Heimat», und nicht das Ausland, «immer den Vorrang haben». Gemünzt war die Kritik auf den Kronprinzen von Abu Dhabi, Scheich Mohammed bin Zayed, den mächtigsten Mann der sieben Emirate.

Abu Dhabi intervenierte im «Arabischen Frühling»

«MBZ», so sein Spitzname, hatte sich während des «Arabischen Frühlings» entschieden, die traditionelle aussenpolitische Zurückhaltung der Föderation aufzugeben und aktiv in der Region zu intervenieren. Truppen aus Abu Dhabi beteiligten sich an der Niederschlagung des schiitischen Volksaufstandes in Bahrain und halfen beim Sturz des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi.

Als im Frühjahr 2015 die Houthis Sana besetzten, verständigte sich «MBZ» mit seinem saudischen Kollegen Mohammed bin Salman auf eine Art «Arbeitungsteilung» im Jemen: Während die Luftwaffe Riads den Norden bombardierte, besetzten die Streitkräfte der Emirate das strategisch wichtige Aden und sicherten den Zugang zum Roten Meer. Dabei konnte die Armee von Abu Dhabi, in der auch kolumbianische und sudanesische Söldner kämpfen, erstmals ihre inzwischen auch von den USA gepriesene «Effizienz» demonstrieren. Die anhaltenden Interventionen im Jemen kosteten bisher mehr als 150 Staatsbürgern der Emirate das Leben. Der hohe Blutzoll dürfte der wichtigste Grund für die Forderung von Scheich Mo sein, «dem Heimatland den Vorrang» zu geben. Ins gleiche Horn hatte zuvor auch ein Sohn des Herrschers von Fujeirah, ein kleines Emirat, das ebenfalls zur Föderation der Sieben gehört, gestossen. Scheich Raschid bin Hamid al-Scharki beschuldigte das mächtige Abu Dhabi, die wahren Opferzahlen im Jemen zu verheimlichen und Kritikern nach dem Leben zu trachten.

Letzteres unterstellen auch Menschenrechtsorganisationen. So hatte zum Beispiel «Human Rights Watch» im letzten Jahr der Regierung in Abu Dhabi die Beteiligung an Kriegsverbrechen im Jemen vorgeworfen und 49 besonders drastische Fälle dokumentiert. Einige «Verdächtige» seien sogar ins benachbarte Eritrea verschleppt worden, wo die Emirate einen Stützpunkt zur Ausbildung jemenitischer Milizen aufgebaut haben.

Das Ziel ist die Kontrolle der Schifffahrtswege

Die Ziele von Mohamed bin Zayed, der an der britischen Militärakademie Sandhurst ausgebildet wurde, sind offensichtlich: Es geht um die Kontrolle über die Schifffahrtswege im Golf von Aden und im Roten Meer, wo sich der von VAE-Truppen belagerte Hafen von Hodeida noch immer unter der Kontrolle der proiranischen Houthis befindet.

Der Preis für die angeblich anstrebte «Stabilität» im Jemen sei die permanente Spaltung sowie die Schaffung eines «achten Emirates» in Aden, behauptet der Jemen-Experte Jonathan Fenton-Harvey in einem Beitrag für den Newsletter «Middle East Eye».

Nach Erkenntnissen der USA beliefen sich die Militärausgaben der Emirate im Jahr 2016 auf 23,5 Milliarden Dollar. Sechs Jahre zuvor hatte «MBZ» mehr als zehn Milliarden Dollar nach Dubai überwiesen, um das Emirat vor dem Staatsbankrott zu retten. Die Grosszügigkeit seines «grossen Bruders» ist für «Scheich Mo» indes kein Grund, sich den Mund verbieten zu lassen. Arabische Politiker, kritisiert der Herrscher von Dubai, wollten alles selber bestimmen. Würden sie stattdessen Fachleuten Raum zur Entfaltung geben, wäre das Leben sehr viel einfacher.