Der Angstgegner des Kremls

Russland-Korrespondent Stefan Scholl über den russischen Oppositionspolitiker Alexei Nawalny.

Stefan Scholl, Moskau
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Stefan Scholl

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Er will den Besitz von Feuerwaffen in Russland legalisieren, verspricht seinen Mitbürgern, das Mindestgehalt zu verdreifachen, die Befugnisse der Städte und Gemeinden gegenüber Moskau auszubauen, die Vollmachten des Präsidenten dagegen einzuschränken. Er ist zugleich Demokrat und Nationalpopulist, heisst Alexei Nawalny und veranstaltet seit Anfang Jahr in Russland eine politische Einmann-Show. Der erste Oppositionspolitiker, dem es gelungen ist, ausser in Moskau und Sankt Petersburg auch in der Provinz zu punkten, sein Netzwerk ist inzwischen allrussisch, seine Enthüllungsvideos über die illegalen Reichtümer der Putinschen Topbeamten sind gefürchtet.

Nawalny hat es zum Angstgegner des Kremls gebracht, aber gerade deshalb lässt die Staatsmacht ihn nicht mitspielen bei den kommenden Präsidentschaftswahlen. Der Kreml fürchtet wohl kaum, Nawalny könnte Wladimir Putin auf Anhieb seine von Wahlkommissionen, Behörden und Polittechnokraten gründlich durchorganisierte Mehrheit streitig machen.

Aber Nawalny würde wohl auch als Wahlkämpfer das ungeschriebene Regelwerk der Putinschen politischen Kultur ignorieren: Kritisiere, aber kritisiere leise! Stelle den Übervater dabei auf keinen Fall in Frage! Und rufe vor allem deine Anhänger nicht auf die Strasse! Seit Jahren ist in Russland alles verboten, was dem Regime echte politische Konkurrenz machen könnte. Bleibt abzuwarten, wann und wie man auch Nawalny endgültig verbieten wird.

Stefan Scholl, Moskau

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