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Die sechs führenden Präsidentschaftskandidaten der Demokraten sind sich am Mittwoch in einer Fernsehdebatte in Las Vegas (Nevada) in die Haare geraten – und niemand kam ungeschoren davon. Die Siegerinnen und Verlierer des Schlagabtausches drei Tage vor der nächsten Vorwahl.
Vielleicht wäre es gescheit gewesen, wenn sich Mike Bloomberg auf seine erste Fernsehdebatte ernsthaft vorbereitet hätte. Dann hätte er sicherlich bessere Antworten auf die Breitseiten parat gehabt, mit der er von seinen Kontrahenten – erwartungsgemäss – eingedeckt wurde. Die Kritik-Palette reichte von widerlichen sexistischen Witzen, über umstrittene Polizeimethoden, die er während seiner Amtszeit als New Yorker Stadtpräsident (2002 bis 2013) unterstützte, bis hin zu seiner Wahlkampfstrategie.
Bloomberg vermochte das alles nicht klarzustellen, oder in wenigen Sätzen zu erklären, warum er sich während seiner langen Karriere von einem republikanischen Unterstützer von Präsident George W. Bush zum wichtigsten Spender der Demokratischen Partei gewandelt hat. Nur zweimal glänzte Bloomberg: Als die Kandidaten über die Umweltpolitik debattierten, da überzeugte er mit Detailwissen.
Und als er den Kapitalismus amerikanischer Spielart gegen «lächerliche» Attacken verteidigte, wirkte der Multi-Milliardär (geschätztes Vermögen: gegen 64 Milliarden Dollar) sattelfest. Amerika sei ein wunderbares Land, sagte Bloomberg an die Adresse von Bernie Sanders, besitze doch der bekannteste «Demokratische Sozialist» im Land drei Häuser.
Ein 78 Jahre alter Berufspolitiker aus dem Kleinstaat Vermont, der sich selbst als Demokratischer Sozialist bezeichnet, ist der klare Spitzenreiter im Feld der Präsidentschaftskandidaten. Daran hat auch die Debatte am Mittwoch nichts geändert. Im Gegenteil: Bernie Sanders gelang es wohl, seine Position noch auszubauen – auch weil konsistent seine Botschaft wiederholt, wonach es der überwiegenden Zahl von Amerikanern wirtschaftlich nicht gut geht.
Dass sich ausgerechnet Mike Bloomberg als Anti-Sanders positionierte, und augenrollend Parallelen zwischen der Wirtschaftspolitik des Senators und den kommunistischen Diktaturen zog, wird Sanders wohl noch geholfen haben. Offen bleibt die Frage, ob eine Mehrheit der Wähler in Amerika ein solches Programm unterstützen könnte.
Endlich hat die ehemalige Universitätsprofessorin ihre Rolle gefunden. Sie ist die Frau, die Dinge beim Namen nennt, ihre Konkurrenten gegen unfaire Kritik verteidigt und dabei das eigentliche Ziel der Demokraten, den Amtsinhaber im Weissen Haus zu besiegen, nicht aus den Augen verliert. Die Art und Weise, wie Elizabeth Warren am Mittwoch den gewieften Unternehmer Mike Bloomberg auf der Bühne des Paris Theater in Las Vegas rhetorisch filetierte, war selbst für amerikanische Verhältnis höchst aussergewöhnlich.
Warren attackierte Bloomberg buchstäblich von der ersten Minute an, und verwickelte ihn in eine Diskussion über sexuelle Belästigungen in seinem Unternehmen. Bloomberg wirkte dabei überfordert, und er versuchte sich mit der Bemerkung, vielleicht hätten weibliche Angestellte seine Witze falsch verstanden, aus der Affäre zu stehlen. (Das Wahlkampf-Team von Warren gab nach der Debatte bekannt, dass es während der Debatte gegen 3 Millionen Dollar gesammelt habe.)
Some more of that Warren-Bloomberg exchange over past comments and the company's NDA's. And the ABC News story from back in December. https://t.co/IM2bD0IwU5 pic.twitter.com/vIyXIyb82X
— Alex Thompson (@AlxThomp) February 20, 2020
Man muss es «Mayor Pete» lassen: Er ist stets «on message», wie das in Amerika so schön heisst, er wiederholt seinen Slogan immer und immer wieder. Deshalb sagte Pete Buttigieg am Mittwoch erneut, nun sei die Zeit für einen Aussenseiter gekommen, in Washington aufzuräumen (ein Seitenhieb gegen die Berufspolitiker auf der Bühne); er griff aber auch Bloomberg an, dem er vorwarf, er wolle sich das Präsidentenamt mit seinen Milliarden kaufen.
Zudem kritisierte er Sanders für das Verhalten seiner Anhänger, und wies darauf hin, dass er strenggenommen gar kein Demokrat ist. (Sanders bezeichnet sich als parteiunabhängig; er musste aber der Demokratischen Partei beitreten, um sich für die Präsidentschaftskandidatur zu bewerben.) Störend war höchstens, dass Buttigieg derart viel Zeit damit verschwendete, Amy Klobuchar zu attackieren. Sie steht ihm weder in Nevada noch in South Carolia vor der Sonne.
Nach dem überraschend guten Abschneiden der Senatorin bei der Vorwahl in New Hampshire waren die Erwartungen hoch – auch weil Amy Klobuchar in fast jeder Fernsehdebatte mit Witz und Fachwissen auftrumpfte. Am Mittwoch aber wurden diese Erwartungen enttäuscht. Klobuchar befand sich buchstäblich zwei Stunden lang in der Defensive. Sie musste sich verteidigen, weil sie vor einigen Tagen den Namen des mexikanischen Präsidenten vergessen hatte.
Sie lieferte sich einen Schlagabtausch mit Pete Buttigieg, der sie derart provozierte, dass sie sagte: «Ich wünschte mir, wir alle wären so perfekt wie Du.» Und sie hatte keine Antwort auf die Frage parat, warum Latinos in Nevada oder Afroamerikaner in South Carolina – den beiden nächsten Vorwahlstaaten – sie wählen sollten. Schwer vorstellbar, dass sich Klobuchar wieder aufrappeln kann.
The Pete-Amy rivalry isn't quite Red Sox-Yankees but it's getting there pic.twitter.com/TPfe1ZvPpa
— Alex Thompson (@AlxThomp) February 20, 2020
Joe Biden weiss, dass er nach Niederlagen in Iowa und New Hampshire durchhalten muss – am Samstag in einer Woche macht der Vorwahl-Zirkus in South Carolina halt und Biden zählt darauf, dass die afroamerikanischen Stammwähler ihn belohnen werden. Also marschiert er stetig weiter. Und spricht über die Erfolge der Regierung von Präsident Obama, dem er diente. Und über seinen Erfahrungsschatz.
Das wirkt nicht immer überzeugend. Und am Mittwoch war Biden höchstens ein Zuschauer. Aber vielleicht spielt dies ja alles keine Rolle, wenn er in South Carolina gut abschneidet und beweist, dass er unter den Kandidaten der Demokraten die grösste Zustimmung besitzt.