Ein Schleudersitz für die CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer

Eigentlich wollte Annegret Kramp-Karrenbauer nicht ins Kabinett Merkel eintreten. Doch nun folgt die Kehrtwende. Die CDU-Chefin wird neue Verteidigungsministerin.

Birgit Baumann aus Berlin
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Die neue deutsche Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (links) mit ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen, die neue EU-Kommissionschefin wird. (Bild: Clemens Bilan/EPA, Berlin, 17. Juli 2019)

Die neue deutsche Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (links) mit ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen, die neue EU-Kommissionschefin wird. (Bild: Clemens Bilan/EPA, Berlin, 17. Juli 2019)

Es war eine Überraschung, als klar wurde, wer die nächste deutsche Verteidigungsministerin wird: CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Und auch ihre Ernennung am Mittwoch in Berlin verlief anders als sonst. Nicht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreichte ihr die Urkunde, sondern der Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD). Steinmeier ist in den Ferien, der Chef der Länderkammer, des Deutschen Bundesrats, weilt auch im Ausland, also sprang Müller ein und wünschte auch gleich der anwesenden Kanzlerin Angela Merkel eine «grosse Portion privates Glück». Diese nämlich feierte am Mittwoch ihren 65. Geburtstag.

Glück im Amt – das kann Kramp-Karrenbauer brauchen. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, ins Kabinett zu gehen. Ihre Begründung: «Es gibt in der CDU viel zu tun.» Die Kehrtwende kam völlig unerwartet. In der CDU gibt es – nach 18 Jahren Merkel an der Spitze – immer noch viele Baustellen.

Von der Leyen hinterlässt viele ungelöste Probleme

Jetzt übernimmt die AKK genannte CDU-Chefin ein Ministerium, das in Berlin als «Schleudersitz» bezeichnet wird. Es gab viele Verteidigungsminister, die das Haus nicht freiwillig verliessen. Franz Josef Strauss musste 1962 im Zuge der Spiegel-Affäre zurücktreten, Rudolf Scharping (SPD) wurde 2002 von Gerhard Schröder entlassen, weil er lieber mit seiner Freundin im Pool planschte, als den deutschen Soldaten vor ihrem Einsatz in Mazedonien beizustehen, Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wurde seine Doktorarbeit zum Verhängnis.

Kramp-Karrenbauer erbt von ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen einen Berg an Problemen: Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss beschäftigt sich mit den Verträgen für teure externe Berater, die von der Leyen abgeschlossen hat, die Sanierung des Segelschulschiffs Gorch Fock lief finanziell aus dem Ruder. Kramp-Karrenbauer muss ausserdem Vertrauen zur Truppe herstellen. Das wurde arg ramponiert, als von der Leyen ihr – im Zusammenhang mit rechtsextremen Tendenzen – ein.

Am Mittwoch erklärte AKK, es sei ihr bewusst, dass die Männer und Frauen in der Bundeswehr «in einer ganz besonderen Art und Weise ihren Einsatz zeigen für dieses Land». Daher «haben sie auch die höchste politische Priorität verdient, haben den vollen Einsatz verdient». Vor kurzem hatte sie mehr Geld für die Bundeswehr gefordert und sich zum Ziel der Nato bekannt, zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für Verteidigung auszugeben.

CDU sieht ein Zeichen der Stärke

In der CDU bemüht man sich, AKKs Wechsel als Zeichen von Stärke zu interpretieren. «Wenn man sich schwierige Aufgaben nicht zutraut, dann ist man falsch in der Politik. Sie traut sich das zu», sagt Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU). Für CSU-Chef Markus Söder ist klar: «Das gibt der Regierung neue Kraft. Es ist richtig, als CDU-Vorsitzende in schwierigen Zeiten Verantwortung zu übernehmen.» Und der thüringische CDU-Chef Mike Mohring meint: «Ich war seit der Wahl von AKK der festen Überzeugung, dass die Parteivorsitzende der CDU dort hingehört, wo die Entscheidungen getroffen werden. Das ist der Kabinettstisch.» Im Internet kursieren derweil neue Namen mit Bezug auf den neuen Job: «Kampf-Knarrenbauer» und «AKK-47», in Anlehnung an das Maschinengewehr AK-47.

Kramp-Karrenbauers Berufung ins Kabinett bringt noch eine Besonderheit mit sich. Dort sitzen nun drei Mitglieder aus dem Saarland: Nebst AKK noch Aussenminister Heiko Maas (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Das ist ziemlich viel der Ehre für ein kleines Bundesland mit nur 990'000 Einwohnern.