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Ismael Omar Mostefai war einer von den Tätern, welche die Konzertbesucher attackierten und 89 Tote zurückliessen. Wer war der gebürtige 29-jährige Franzose, der erst vor kurzer Zeit Vater wurde. Ein Porträt.
Ismael Omar Mostefai, 29, ist gebürtiger Franzose und stammt aus Courcouronnes im Département Essone südlich von Paris. Die letzten Jahre lebte er im Quartier La Madeleine in Chartres.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Ismael Omar Mostefai sich im Winter 2013/14 in Syrien aufgehalten hat und dort zum Teil radikalisiert wurde. Die Ermittler fanden Hinweise für seine Durchreise in der Türkei. Dort verliert sich aber seine Spur.
Klar ist inzwischen: Am Freitagabend um 21.40 Uhr fährt Mostefai zusammen mit drei anderen Männern in einem schwarzen VW Polo vor die Pariser Konzerthalle Bataclan – mit Kalaschnikows bewaffnet und mit Sprengstoffwesten bekleidet. Im Konzertsaal beginnen die Männer, in die Menge zu schiessen, Geiseln zu nehmen und Sprengsätze zu zünden.
Von «Syrien» und «Irak» geredet
Bevor sie sich im Saal in die Luft sprengen, liefern sich die Männer mit Polizisten ein Wortgefecht: Es sollen die Worte «Syrien» und «Irak» gefallen sein. Danach richten die Terroristen ein Blutbad unter den Konzertbesuchern an und hinterlassen im Bataclan Dutzende Tote.
Bei einer der Explosionen muss ein Teil des Fingers von Mostefai weggeflogen sein. Dieser wurde später von den Ermittlern gefunden und dessen Fingerabdruck ausgewertet. Damit wurde Ismael Mostefai als erster der Attentäter identifiziert.
In einer Banlieue geboren
Mostefai wurde am 21. November 1985 in einer Pariser Banlieue geboren. Der junge Familienvater mit algerischen Wurzeln hatte zwei Brüder und zwei Schwestern und soll selber eine junge Familie gehabt haben. Bis 2012 lebte er in Chartres.
Polizisten haben am Samstagabend den Vater und Bruder des Selbstmordattentäters in Polizeigewahrsam genommen. Dies berichtete die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf das Umfeld der Ermittlungen. Die Wohnungen der beiden Männer wurden durchsucht.
Der Bruder des 29-jährigen Attentäters lebt in Chartres und betreibt eine Schischa-Bar. Der Vater lebt gut 100 Kilometer weiter östlich. Als der Bruder von Ismail Mostefai erfuhr, dass sein jüngerer Bruder für die Anschläge mitverantwortlich war, fiel er aus allen Wolken.
«Das ist doch verrückt, der totale Wahnsinn», zitiert die Nachrichtenagentur AFP den jungen Mann, als dieser am Samstag in Polizeigewahrsam genommen wird. Mit zittriger Stimme habe er erzählt, dass zwischen ihm und seinem Bruder seit einigen Jahren kein Kontakt mehr bestünde – aus «familiären Gründen». Dass sein Bruder radikalisiert worden wäre, damit habe er nie gerechnet.
Ruhig und zurückgezogen oder abgetaucht?
Mostefai war den Behörden nach Angaben der Staatsanwaltschaft bekannt und mehrfach vorbestraft – unter andrem für Fahren ohne Ausweis – allerdings nie im Zusammenhang mit terroristischen Netzwerken.
Jean-Pierre Gorges, der Bürgermeister von Chartres, erinnert sich, dass Mostefai seit 2013 praktisch abgetaucht war. «Er ging offensichtlich keiner Arbeit mehr nach», sagte er gegenüber dem Journal du Centre.
Aus dem Quartier gibt es widersprüchliche Angaben zum letzten Aufenthalt Mostefais: Er soll zuletzt in einer Sozialunterkunft gelebt haben oder seit zwei, drei Jahren völlig verschwunden sein. Einige Quartier-Bewohner bestätigten, dass es ruhig geworden sei um Mostefai, seit dieser 2010 Vater einer kleinen Tochter wurde.
Erst im Frühling 2014 taucht er wieder auf inmitten einer Gruppe Salafisten in Chartres. Terrorspezialisten haben ihn ausfindig gemacht. Mostefai wird jedoch als gewöhnliches Mitglied dieser Gruppe angesehen.
Die Frage, die sich jetzt stellt, so schreibt Le Monde, lautet: Gibt es in Chartres eine radikal-islamistische Zelle, der sich Ismael Omar Mostefai angeschlossen hatte? Oder hat er weitgehend für sich gehandelt?