EU will Plastik-Geschirr verbieten

Die EU-Kommission schlägt vor, rund zehn Plastik-Wegwerfprodukte aus den Regalen zu verbannen. Kritische Stimmen bemängeln die Verhältnismässigkeit.

Remo Hess, Brüssel
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Plastik-Müll - entsorgt im Meer wie hier vor der Küste Libanons - wird immer mehr zum globalen Umweltproblem. (Bild: Wael Hamzeh/EPA; 28 Mai 2018)

Plastik-Müll - entsorgt im Meer wie hier vor der Küste Libanons - wird immer mehr zum globalen Umweltproblem. (Bild: Wael Hamzeh/EPA; 28 Mai 2018)

Die Grillsaison hat begonnen, und jetzt kommen sie wieder ­besonders häufig zum Einsatz: Plastikteller, Plastikbecher, ­Plastikbesteck. Ist die Party vor­ über, landen sie meist umgehend im Abfall. Zusammen mit übrigem Plastik-Verpackungsmaterial produziert Europa so rund 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle pro Jahr.

Viel zu viel, findet die EU-Kommission und macht sich nun daran, Gegensteuer zu geben: «Plastikmüll ist ein grosses Thema, und die Europäer müssen dieses Problem zusammen angehen», erklärte EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans gestern in Brüssel.

Mehr Abfall im Meer als Fische

Als Erstes soll der Plastikmüll im Meer reduziert werden. Denn rund 85 Prozent des in den Ozeanen treibenden Abfalls besteht aus Plastik. Im Jahr 2050 könnte es mehr sein, als es Fische in den Weltmeeren hat, so eine Schätzung der EU-Kommission.

Um dies zu verhindern, sollen jene zehn Produkte verboten werden, die besonders häufig an europäischen Stränden angespült werden. Dazu gehören Plastik-Geschirr, Wattestäbchen und Strohhalme. Die Umweltschutzorganisation Seas at Risk schätzt, dass alleine an Trinkhalmen in Europa pro Jahr rund 36 Milliarden Stück, also 71 pro Einwohner, verbraucht werden. Für sie gibt es aber auch umweltschonende Alternativen. Tetra-Pak zum Beispiel kündete bereits im April an, für ihre Trinkprodukte bis Jahresende nur noch Papierhalme zu verwenden.

Bei Produkten, für die es «noch keine offensichtlichen ­Alternativen gibt», sind die ­EU-Länder aufgerufen, den Verbrauch einzudämmen – etwa indem sie nationale Ziele festlegen oder alternative Produkte zur Verfügung stellen. Gemeint sind zum Beispiel Verpackungen und Becher für Essen und Getränke zum Mitnehmen.

China importiert keine Plastikabfälle mehr

Neben dem Verbot zielt der Kommissionsvorschlag auf eine starke Reduktion von Lebensmittelverpackungen oder Plastikflaschen. Von Letzteren soll bis 2025 eine Sammelquote von 90 Prozent gelten. Bereits im Januar stellte Brüssel seine Plastikstrategie vor, wonach bis 2030 alle Kunststoffverpackungen in der EU recyclingfähig sein sollen.

Hintergrund ist, dass China ab Anfang dieses Jahres aufgehört hat, Plastikabfälle aus aller Welt zu importieren und Europa auf einem riesigen Müllberg sitzt. Ins Abseits geraten ist die ursprüngliche Idee einer generellen Steuer auf Plastik. Mehrere Mitgliedstaaten hatten sich ablehnend gegenüber einem solchen Ansatz ausgesprochen. Stattdessen prüft EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger eine Abgabe von 80 Cent auf jedes Kilogramm nichtwiederverwerteten Plastik. Bis die Massnahmen in Kraft treten können, dürfte es allerdings dauern. Zuerst müssen sich EU-Parlament und EU-Staaten einig werden. Danach vergehen nochmals zwei Jahre, um die Richtlinie in nationale Gesetze zu überführen.

Während im EU-Parlament Linke und Grüne positiv reagieren beziehungsweise noch weiter gehende Massnahmen fordern, gibt es auch kritische Stimmen. So bezeichnet der deutsche CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber den Vorschlag als «Schnickschnack». Ferber: «Wenn bald Luftballons mit Warnhinweisen zu Umweltauswirkungen versehen werden müssen, dann wird künftig jeder Kindergeburtstag zur Recyclingparty.» Der grösste Teil der Plastikabfälle im Meer stamme ohnehin aus Asien und nicht aus der EU. «Wie immer mangelt es den Kommissionsvorschlägen gehörig an Verhältnismässigkeit», so Ferber.