Die Frau zu Luxemburg
Frau des Grossherzogs stürzt Luxemburg in Staatskrise – wer regiert hier eigentlich das Land?

Gewalt und Verschwendung öffentlicher Mittel – ein Bericht fördert Missstände am Hof zutage. Im Zentrum: die Frau des Grossherzogs.

Remo Hess aus Brüssel
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Grossherzog Henri und seine Frau Maria Teresa.

Grossherzog Henri und seine Frau Maria Teresa.

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Aussergewöhnliches spielt sich dieser Tage in Luxemburg ab: In einer Pressekonferenz sah sich Premierminister Xavier Bettel am Mittwoch genötigt, ein paar Dinge klarzustellen. Erstens: Er ist es, der im 600'000 Einwohner zählenden Land das Sagen hat. Und zweitens: Der Hof von Grossherzog Henri braucht dringend eine Reform.

Das ist das Fazit des Prüfberichts, der vom ehemaligen hohen Beamten Jeannot Waringo im Auftrag des Premierministers erstellt wurde. Er spricht darin von miserablem Personalmanagement, der Verschwendung von öffentlichen Geldern und einem «Klima der Angst», welches am Hof des Grossherzogs Henri herrschen würde.

Im Zentrum des Skandals steht Frau Grossherzogin Maria Teresa. Sie ist es, die auf Schloss Berg, dem Sitz der grossherzoglichen Familie, sämtliche Fäden in der Hand hält. Die 63-Jährige soll sich gegenüber ihrem Personal als Tyrannin aufführen. Seit 2015 hätten rund die Hälfte der über 100 Hofmitarbeitenden ihren Job hingeschmissen.

Sogar zu gewalttätigen Übergriffen soll es gekommen sein, wie der Journalist Pol Schock in einer Radio-Diskussionsrunde enthüllte. Offenbar, so scheint es, hat die gebürtige Kubanerin ihr Temperament nicht im Griff. Die Luxemburger Staatsanwaltschaft hat eine Voruntersuchung eröffnet, um den unbestätigten Gerüchten nachzugehen.

Eine Buchhaltung am Hofe gibt es nicht

Neben der Personalpolitik der Grossherzogin nennt der Waringo-Bericht einen Mangel an finanzieller Transparenz. Der luxemburgische Monarch Henri erhält im laufenden Jahr rund 11 Millionen Euro vom Steuerzahler. Nachzuverfolgen, wie das Geld ausgegeben wird, ist jedoch kaum möglich. Eine offizielle Buchhaltung, die diesen Namen verdient, gibt es nicht.

So werden beispielsweise pauschal knapp 600'000 Euro für Telefonkosten veranschlagt, ohne dass ersichtlich würde, wie diese Summe zustande kommt.

Ein weiteres Problem: Die Trennung zwischen privaten und offiziellen Aktivitäten. Wenn die Grossherzogin ins Ausland reist, macht sie das gerne in offizieller Mission. Für ihre privaten Aktivitäten hingegen mobilisiert sie ebenso gerne den gesamten Hofstab.

Allgemein verspüre Maria Teresa zunehmend den Drang, sich in politische Angelegenheiten einzumischen. Die Verfassung sieht für die Frau des Grossherzogs jedoch bloss eine repräsentative Funktion vor.

Zieht sich der Grossherzog zurück?

Premierminister Bettel will diesem Treiben nun ein Ende bereiten. Als Folge des Waringo-Berichts will er ein Organigramm anfertigen lassen, wo die verschiedenen Posten und Zuständigkeiten am Hof geklärt werden. Bettel: «Da ist kein Platz für die Grossherzogin».

In Zukunft soll es auch bei den Finanzen mehr Transparenz geben. Es gehe darum, die Monarchie fit für das 21. Jahrhundert zu machen. Einen zweiten Waringo-Bericht könne man sich nicht leisten, so Bettel, der sich als Anhänger der konstitutionellen Monarchie beschreibt.

Henri selbst verteidigte in einem Brief kurz vor der Veröffentlichung des Berichts seine Frau gegen die «unfairen Beschuldigungen»: «Ihr Engagement, das sie für unser Land seit 39 Jahren an meiner Seite zeigt, ist exemplarisch und essenziell für mich», so der 64-Jährige.

Dass die Stellungnahme nicht vorher mit der Regierung abgesprochen war, wie es die Verfassung vorsieht, sorgte bei Bettel nochmals für Unmut. «Ich möchte so etwas gerne im Voraus wissen», insistierte er.

Angesichts der gegenwärtigen Krise wird in Luxemburg gemunkelt, ob der Grossherzog die Gelegenheit nutzt, um sich von seinem Amt zurück zu ziehen. Schon nach dem Tod seines Vaters im vergangenen Jahr habe er entsprechende Gedanken gehabt, heisst es.

Mit seinem Sohn, dem 38-jährigen Guillaume, der mit seiner Gattin Stéphanie gerade grossherzoglichen Nachwuchs erwartet, stünde jedenfalls ein Nachfolger bereit.