Jozsef Szajer
In Brüssel Gang-Bang, zu Hause stramm konservativ: So tickt Orbans EU-Abgeordneter von der illegalen Sexparty

Der EU-Parlamentarier Jozsef Szajer wurde in Brüssel trotz strengen Lockdown-Regeln bei einer Orgie erwischt. Ansonsten kämpft der konservative ungarische Politiker allerdings für ein streng traditionelles Familienbild.

Remo Hess, Brüssel
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War 16 Jahre im EU-Parlament: Jozsef Szajer.

War 16 Jahre im EU-Parlament: Jozsef Szajer.

Keystone

Der ungarische EU-Parlamentarier Jozsef Szajer ist auf Tauchstation gegangen: Noch bevor am Dienstag bekannt wurde, dass Szajer an einer wegen den Coronarestriktionen illegalen Sexparty in einer Privatwohnung in der Brüsseler Innenstadt teilgenommen hat, hat er sein Amt niedergelegt.

Für den Abgeordneten aus Viktor Orbans national-konservativer Fidesz-Partei ist es gleich doppelt peinlich: Nicht nur wurden in seinem Rucksack Ecstasy-Pillen gefunden. An der in belgischen Medien als «Gang-Bang» beschriebenen Party haben sich auch nur Männer untereinander amüsiert, was gar nicht in das offizielle Bild passt, das die stramm konservative Fidesz-Partei sonst von sich zeichnet. Kein Wunder, versuchte der 59-jährige Szajer sich über die Dachrinne abzusetzen, als die Polizei die Wohnung durchsuchte. Ein Anwohner hat ihn jedoch dabei beobachtet und an die Beamten verpfiffen.

Seit 16 Jahren im Europaparlament

Szajer, der Mann mit dem markigen Rauschebart, ist ein altgedienter Vertrauter des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Die beiden gehören zur Gründungstruppe des «Bundes junger Demokraten» («Fidesz») im Jahr 1988. Zwischen 1990 und 1994 amtete Szajer als Fraktionsvorsitzender von Fidesz im ungarischen Parlament und nochmals Anfang der 2000er Jahre, bevor er ins Europaparlament wechselte, dem er seit 16 Jahren angehört.

Nachdem Viktor Orban im Jahr 2010 zum zweiten Mal zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, war es Szajer, der als Ausschuss-Vorsitzender massgeblich an der Ausarbeitung der neuen ungarischen Verfassung beteiligt war. Laut eigenen Aussagen habe er Teile der Verfassung auf seinem iPad während den langen Zugfahrten von Brüssel an den Hauptsitz des EU-Parlaments in Strassburg redigiert.

Seit vielen Jahren Weggefährten: Viktor Orban (links) mit Jozsef Szajer 2009 beim Treffen der europäischen Christdemokraten.

Seit vielen Jahren Weggefährten: Viktor Orban (links) mit Jozsef Szajer 2009 beim Treffen der europäischen Christdemokraten.

CH Media

Regierungskritische Journalisten aus Ungarn werfen ihm wegen seines privaten Verhaltens nun Doppelmoral vor. In der von ihm gestalteten Verfassung finden sich nämlich Paragrafen, die die Ehe explizit als die «Vereinigung von Mann und Frau» festschreiben, was wiederum als Referenzpunkt für Gesetze dient, der die Rechte von gleichgeschlechtlich lebenden Menschen einschränke.

Als Beispiele werden das kürzlich beschlossene Adoptionsverbot für LGBT-Paare und die Beendigung der rechtlichen Anerkennung von trans-Menschen angefügt. Allgemein sei in Ungarn unter Orbans Fidesz-Regierung in den letzten Jahren ein LGBT-feindliches Klima gefördert worden.

In einer Stellungnahme vom Dienstag hat Jozsfef Szajer seine Teilnahme an der Sexparty zugegeben. Er entschuldigte sich bei seiner Familie, Kollegen und seinen Wählern für den Bruch der Covid-Regeln und seinen persönlichen «Misstritt». Die gefunden Ecstasy-Pillen seien nicht die seinigen gewesen, betont Szajer. In seinem Rücktrittsschreiben vom Sonntag wies er noch darauf hin, dass die tägliche politische Auseinandersetzung zu einer «zunehmenden mentalen Belastung» für ihn geworden sei.

Für die ungarische Fidesz-Partei kommt der Rücktritt eines ihrer einflussreichsten Politikers in Brüssel zur Unzeit: Die Regierung von Viktor Orban befindet sich gerade in einem wüsten Streit mit den anderen EU-Staaten über den sogenannten Rechtstaatlichkeitsmechanismus, der EU-Gelder an die Einhaltung von Demokratiestandards koppeln will. In Ungarn machen deshalb schon erste Verschwörungs-Gerüchte die Runde, der deutsche Geheimdienst habe Szajer eine Falle gestellt, um Budapest in seiner Blockade-Strategie zu schwächen.