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International
Die Gegensätze zwischen dem Kreml und dem Weissen Haus werden immer deutlicher. In Moskau wächst die Enttäuschung über «unseren Mann in Washington».
Gut einen Monat nach der Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump scheint die «Trumpomania» in Moskau vorbei. Die erhoffte Annäherung ist bislang ausgeblieben. Die Gegensätze zwischen den beiden Grossmächten treten so scharf wie eh und je zutage. Das zeigt sich speziell im Syrien-Konflikt, den Trump im Wahlkampf wegen des von beiden – wenn auch nicht gemeinsam – bekämpften Feinds «Islamischer Staat» (IS) als Kooperationsfeld ausgemacht hatte.
So wies das russische Verteidigungsministerium empört Anschuldigungen aus dem Pentagon zurück, südöstlich der Stadt al-Bab versehentlich arabische Kämpfer der amerikanisch geführten Anti-IS-Koalition bombardiert zu haben. Der Kommandeur der US-Truppen in Irak und Syrien, Generalleutnant Stephen Townsend, hatte zuvor von mehreren Verletzten gesprochen. Zwar betonte er, dass Moskau umgehend auf den Hinweis reagiert habe, zugleich aber äusserte Townsend seine Besorgnis, dass es angesichts der Komplexität der Kämpfe zu weiteren Fehlschlägen kommen könne.
Das russische Verteidigungsministerium bestätigte zwar Kontakte über die eingerichteten Funkkanäle, doch Luftschläge in dem von Townsend erwähnten Gebiet habe es von russischer Seite aus nicht gegeben, so ein Sprecher. Die Vorwürfe sind heikel, hatten doch unter Barack Obama die gegenseitigen Anschuldigungen von Fehlbombardements die letzten Reste einer Kooperation in Syrien ausradiert.
Auch im UNO-Sicherheitsrat hält der Streit über die Syrienpolitik an: Moskau blockierte die von den USA, Grossbritannien und Frankreich im Zusammenhang mit Giftgasvorwürfen geforderten Sanktionen gegen das Assad-Regime und verurteilte die Resolution als «provokativ». Zuvor hatte die von Trump bestellte UNO-Botschafterin Nikki Haley Russland «aggressives Verhalten» in der Ukraine vorgeworfen und den Fortbestand der Sanktionen bekräftigt. Dass das Weisse Haus später die Forderung nach Rückgabe der Krim an Russland erneuerte, hat auch die letzten Trump-Anhänger in Moskau ernüchtert.
Nun hat Washington auch noch Äusserungen der russischen Föderationsratschefin Valentina Matwijenko zurückgewiesen, wonach beide Seiten an den Vorbereitungen für ein Gipfeltreffen zwischen Trump und Wladimir Putin arbeiteten. Lange hatte Moskau gehofft, bei einem Treffen einen Tauschhandel mit «Dealmaker» Trump abschliessen zu können. Die Erwartungen seien fast zu hoch gewesen, beide Seiten hätten eine augenblickliche Einigung zum eigenen Nutzen davon erwartet, sagte der russische Politologe Igor Bunin. Doch bislang gibt es nicht einmal eine Vereinbarung für das Gespräch, musste gestern auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow einräumen.
Unter diesen Umständen sind die Lobeshymnen auf Trump in russischen Medien und in der Politik deutlich leiser geworden. Hatte das US-Wahlergebnis die Duma-Abgeordneten noch zu stehendem Applaus animiert, so wurde die Trump-Berichterstattung im russischen Fernsehen zuletzt merklich zurückgefahren. Schon vor einer Woche, nach dem Rücktritt von Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn, äusserten führende Moskauer Politiker ihren Unmut. Dass nun auch noch Fiona Hill als Beraterin des Weissen Hauses für die Russlandbeziehungen im Gespräch ist, dürfte die Aufbruchstimmung in Moskau endgültig begraben: Hill war zuletzt wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Brookings Institut und ist bekannt für ihre Kreml-kritischen Äusserungen.