Nach dem schweren Erdbeben in der mittelitalienischen Region Marken am Mittwochabend verspricht die italienische Regierung ihren vollen Einsatz für einen raschen Wiederaufbau.
Das Kabinett in Rom will grössere finanzielle Ressourcen für den Wiederaufbau freigeben. «Wir werden für den Wiederaufbau mehr als die 4,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, die wir ursprünglich im Haushaltsgesetz für 2017 beschlossen hatten», sagte Infrastrukturminister Graziano Delrio nach Medienangaben vom Freitag.
Die Regierung Renzi drängt Brüssel darauf, die Ausgaben für den Wiederaufbau aus der Berechnung des Budgetdefizits 2017 auszuklammern.
Italien will unter anderem 42'000 Schulen an antiseismische Standards anpassen. Die Regierung hat 40 Millionen Euro für Soforthilfe für die vom Erdbeben betroffenen Gemeinden zugesagt.
Am Donnerstagnachmittag besuchte Premierminister Matteo Renzi die zerstörten Gemeinden in der Region Marken und machte der Bevölkerung Mut. Tausende Menschen in der Provinz Macerata haben die zweite Nacht in Behelfsunterkünften verbracht. Für die Menschen, deren Häuser unbewohnbar sind, wurden Schlafplätze in Zelten und in Sporthallen eingerichtet.
Die Zeltstädte des Zivilschutzes sollen so schnell wie möglich verschwinden, neue erst gar nicht entstehen, kündigte Renzi an. Niemand in der Bergregion, in der schon bald der erste Schnee fallen könnte, solle den Winter in einem Zelt verbringen müssen, versprach er.
Mehr als 500 der 5000 Menschen, die nicht in ihre Häuser zurückkehren können, hätten sich für Hotels an der Küste als ihre künftige Bleibe entschlossen, erklärte der italienische Zivilschutz in der Nacht.
Ein Grund weshalb es viele Menschen an die Küste zieht, sind die vielen Nachbeben, die laut Experten noch monatelang andauern können. Der stärkste Erdstoss am Freitag erreichte eine Magnitude von 3,5 und wurde um 4.13 Uhr nahe der Gemeinde Ussita gemeldet. Die Schulen der gesamten Region sollen bis zum 2. November geschlossen bleiben, weil die Statik der Gebäude geprüft werden muss.
Die Erdstösse, die am Mittwochabend Mittelitalien erschütterten, haben in insgesamt 19 Gemeinden erhebliche Schäden verursacht. Allerdings war wie durch ein Wunder niemand ums Leben gekommen.
Laut dem Erdbebeninstitut INGV besteht auch ein Zusammenhang zwischen den Beben vom Mittwoch und dem tödlichen Beben etwas weiter südlich bei Amatrice, bei dem im August fast 300 Menschen umgekommen waren.
Der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi, klagte über die schwierige Lage in seiner Gemeinde: «Wegen der neuen Erdstösse ist es zu weiteren Einstürzen gekommen und wir sind jetzt dabei, die Schäden zu überprüfen. Das neue Erdbeben hat die Schreckgespenster wieder wach gerufen, die wir vergessen wollten.» Der positive Aspekt sei, dass es keine weiteren Todesopfer gegeben habe. «Häuser kann man erneuern, Menschenleben nicht.»
sda