Italiens Schulen bleiben geschlossen, die Touristenhochburgen entwickeln sich zu Geisterstädten

Das Belpaese schliesst wegen des Corona-Virus alle Schulen, Touristen bleiben weg – und die SBB warten ab.

Dominik Straub aus Rom und Samuel Schumacher
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Professor Silvio Franzetti im leeren Hörsaal der Uni Mailand.

Professor Silvio Franzetti im leeren Hörsaal der Uni Mailand.

Bild: Keystone

Am Mittwochabend hat Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte die Schliessung sämtlicher Schulen im Land verkündet: Kindergärten, Grund-, Haupt- und Mittelschulen sowie Universitäten bleiben in ganz Italien bis mindestens Mitte März geschlossen. «Wir befinden uns in einem nationalen Notstand», erklärte Conte. Neben Italien haben auch China, Japan, Südkorea, der Iran Pakistan und mehrere Städte in Frankreich und den USA die Schulen geschlossen. Laut der UNO müssen derzeit weltweit 290 Millionen schulpflichtige Kinder und Jugendliche wegen der Virus-Epidemie Zuhause bleiben.

Die Schliessung aller Schulen zeigt, wie sehr die Verunsicherung und die Angst vor dem Corona-Virus in Italien inzwischen um sich gegriffen hat – in den Behörden genauso wie in der Bevölkerung. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat es keine Krisen, keine Epidemien, kein Erdbeben, keine Anschlagserien und keine Mafia-Kriege gegeben, welche die Regierung veranlasst hätten, eine derart weitreichende Massnahme zu ergreifen.

Vor allem die Millionen Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind, stellt die Schliessung der Schulen vor Probleme. Das Bildungsministerium liess verlauten, dass Staatsangestellte bezahlten Urlaub nehmen könnten, um bei ihren Kindern zu bleiben. Angestellten in der Privatwirtschaft stellte die Regierung Gutscheine für Babysitter und andere Hilfen in Aussicht.

Die Regierung von Giuseppe Conte will vor allem eines verhindern: die Ausbreitung der Epidemie in den Süden. Bisher wurden 95 Prozent der über 3000 Fälle in den norditalienischen Regionen Lombardei, Venetien und Emilia-Romagna registriert; alles Regionen mit einem gut funktionierenden Gesundheitssystem.

Weil etwa jeder zehnte Infizierte Intensivpflege benötigt, geraten allerdings auch diese Vorzeige-Regionen allmählich an die Grenze ihrer Kapazitäten. Sollte sich das Corona-Virus in massiver Form auch im Süden mit seinen maroden Spitälern ausbreiten, wären die Folgen dramatisch.

SBB-Verbindungen nach Mailand weiter offen

Mit der Schliessung der Schulen und dem Verbot fast aller öffentlichen Veranstaltungen ist in Italien nichts mehr, wie es einmal war: Das Virus hat das Leben auf den Kopf gestellt und die Menschen verängstigt. Auch in Städten wie Rom, wo es kaum Infizierte gibt, gehen die Menschen in den Bars auf Distanz. Die Warteschlangen am Kolosseum und vor den Vatikanischen Museen sind verschwunden. Der normalerweise hoffnungslos überfüllte Markusplatz in Venedig ist leer. Der Tourismusverband rechnet damit, dass im zweiten Quartal fast 32 Millionen Touristen weniger nach Italien kommen werden als im Vorjahr.

Nicht betroffen sind bislang die Zugverbindungen zwischen der Schweiz und Italien. Die SBB verkehrt achtmal täglich zwischen Zürich und Mailand und viermal täglich zwischen Genf und der norditalienischen Metropole. Auf Anfrage sagt die SBB, die Entscheidung über eine allfällige Einstellung der Verbindungen liege beim Bundesamt für Gesundheit, das bisher nicht eingegriffen hat. Anders das italienische Gesundheitsministerium: Es fordert die SBB auf, sämtliche nach Italien verkehrende Züge täglich zu desinfizieren.