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Die erste Amtshandlung von US-Aussenminister Mike Pompeo war die Teilnahme am Nato-Treffen. Thema des Tages: Russland.
12 Stunden 34 Minuten – so lange war US-Aussenminister Mike Pompeo im Amt, bevor er am Freitag am Nato-Treffen in Brüssel teilnahm. Den Flug über den Atlantik eingerechnet, bleibt da nicht viel mehr Zeit als für eine Dusche und ein Morgenessen. «Das ist wahrscheinlich ein neuer Rekord», schätzte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Und auch der deutsche Aussenminister Heiko Maas freute sich: «Es ist ein gutes Zeichen, dass er gleich so unmittelbar nach der Bestätigung im Senat zur Nato kommt».
Pompeo seinerseits beteuerte: «Es ist nie gut, an seinem ersten Arbeitstag zu spät zu kommen». Die USA seien bereit, weiterhin die Führung zu übernehmen. Das Bekenntnis zur Nato-Beistandspflicht sei unumstösslich. Damit ist klar: Der ehemalige CIA-Direktor und als «Falke» bekannte konservative Hardliner misst dem transatlantischen Verteidigungsbündnis höchsten Stellenwert bei. Für die Nato-Partner ist das angesichts der relativierenden Aussagen von US-Präsident Donald Trump kurz nach seinem Amtsantritt immer wieder gut zu hören.
Pompeo blieb der Tradition seiner Vorgänger aber insofern treu, indem er umgehend die Forderung nach Erhöhung der Verteidigungsausgaben erneuerte. Die USA würden «glaubwürdige Pläne» verlangen, wie die Nato-Länder bis 2024 das Budget-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes zugunsten des Wehretats erreichen wollen, so Pompeo. Vor allem für wirtschaftsstarke Nationen wie Deutschland bedeutet dies allerdings eine massive Aufrüstung. Berlin gibt derzeit «nur» rund 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung (rund 36 Milliarden Euro) für das Militär aus. Aussenminister Maas äusserte sich am Freitag durchaus verbindlich: «Wir werden schrittweise erfüllen, was von uns verlangt wird». Maas verwies aber auch auf die Beiträge Deutschlands zur humanitären Hilfe in Syrien und Irak und darauf, dass das deutsche Budget schliesslich von der Debatte im Bundestag abhänge.
Das andere Hauptthema war der Umgang mit Russland. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg diagnostizierte «ein Muster gefährlichen Verhaltens», das Moskau seit einigen Jahren an den Tag lege. Die Annexion der Krim, die Destabilisierung der Ost-Ukraine, Cyber-Angriffe, Fake-News-Kampagnen und zuletzt die Nervengift-Attacke auf den russischen Doppelagenten Sergej Skripal im britischen Salisbury – Stoltenbergs Aufzählung liest sich wie eine Anklageschrift.
In Reaktion auf die zunehmende Aggressivität hat die Nato unlängst vier rotierende Bataillone an die Ostflanke nach Polen und ins Baltikum verlegt sowie die Aufstellung einer 5000 Mann starken Eingreiftruppe vorangetrieben. Die Abwehr von hybriden Bedrohungen, kombiniert mit Desinformationskampagnen und Versuchen zur Einflussnahme auf demokratische Prozesse aber würden die Nato-Staaten vor Herausforderungen stellen. «Hier müssen wir noch mehr tun», so Stoltenberg.
Neben der Abschreckung gehört zur Nato-Doppelstrategie gegenüber Russland auch der Dialog. Gerade in Zeiten erhöhter Spannungen sei dieser so wichtig wie nie zuvor, sagte Stoltenberg. Deswegen habe sich vergangene Woche der Nato-Oberbefehlshaber, US-General Curtis Scaparotti, mit dem russischen Generalstabschef getroffen. Gegenstand der Gespräche waren die gegenseitige Information über Übungen und Manöver. Auf Hochtouren laufen zudem die Verhandlungen, damit es noch vor dem Nato-Gipfel im Juli zu einem erneuten Nato-Russland-Rat kommt.