Mit seiner ersten Rede hat Donald Trump den Beweis erbracht, dass er keine Abstriche machen will. Im Gegenteil.
Der neue amerikanische Präsident ist stolz auf seine nationalistische, wirtschaftspopulistische Botschaft, dank der er im vergangenen November das Rennen um das Weisse Haus gewann. Er sieht sich als Landesvater, der mit starker Hand ein Volk führen wird, in dem es viele Menschen gibt, die sich in der Welt nicht mehr zurechtfinden und vergangenen Zeiten nachtrauern. Und es scheint ihm egal zu sein, dass er mindestens in der Hälfte des Landes schon jetzt verhasst ist.
Der US-Präsident ist aber kein Ersatzkönig, jedenfalls nicht, wenn es nach den Autoren der amerikanischen Verfassung geht. Vielmehr ist er ein Teil eines komplexen politischen Systems. Trump scheint zu glauben, er könne diese Realität ignorieren. Anzunehmen ist deshalb, dass er früher oder später einen Machtkampf mit den anderen politischen Institutionen in Washington suchen wird, zuerst wohl mit dem Parlament, dann mit den Gerichten.
Und erst wenn wir erfahren, zu welchen Mitteln Trump in einer solchen Konfrontation greift, erst dann können wir uns wirklich ein faires Urteil über den neuen Präsidenten bilden. Bis dann gilt: Trump ist eine Herausforderung – für das demokratische System in Amerika und die Verbündeten der USA rund um den Globus. Er macht vielen Amerikanern und Ausländern Angst – auch weil er sich aus dem Müll des extremistischen Gedankengutes bedient, um Ziele zu erreichen, die unterstützungswürdig sind. Kurz: Trump ist eine Herausforderung. Aber es ist zu früh, ihn als Totengräber zu bezeichnen.
Renzo Ruf/Washington
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