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Mike Pence ist der konservativste Vizepräsident seit 40 Jahren. Sein Vorbild ist Bushs Vize Cheney. Das zeigt: Pence will Macht. Wird er zum Trump-Bändiger?
Sein Amt sei «das unbedeutendste, das die Menschheit je erfunden hat», monierte John Adams, der erste Vizepräsident der USGeschichte. Franklin Roosevelts Nummer 2 John Gardner sagte gar, sein Job sei «kaum einen Kübel warmer Pisse» wert. Und Harry Truman sagte über seine Zeit als Vize, er habe nicht viel mehr getan, als an Beerdigungen und Hochzeiten teilzunehmen.
Die Klagen der drei Herren zeigen: Das Amt des amerikanischen Vizepräsidenten ist per se relativ bedeutungslos. Laut der Verfassung besteht es vor allem aus zwei Aufgaben: Erstens, das Tagesgeschäft im Senat zu leiten und bei einem Unentschieden zwischen den Parteien die entscheidende Stimme abzugeben. Und zweitens einzuspringen, wenn der Präsident sterben oder abtreten sollte (das geschah bisher immerhin 14-mal). Mehr ist nicht vorgesehen.
Gov @mike_pence & family boarding TrumpForce2 to New York City for Election Night! Great photo by @IndyStar. pic.twitter.com/jvn7zQHbSp
— Marc Lotter (@marc_lotter) 8. November 2016
Was heisst das nun für Trumps Vizepräsidenten Mike Pence? Wird der 57-jährige ehemalige Gouverneur von Indiana die kommenden Jahre still im Kämmerchen sitzen und Trumps Regententum tatenlos zusehen? Nicht unbedingt. Denn Pence will ein aktiver Vize werden und über sein Pflichtenbuch hinaus Einfluss nehmen. Das zumindest deutete der frühere Anwalt und Radiomoderator an, als er kürzlich nach seinem Vorbild gefragt wurde: «Dick Cheney», sagte Pence.
Cheney, George W. Bushs Vize, gilt als die einflussreichste Nummer 2 der amerikanischen Geschichte. Cheney war enger Berater und Vertrauter von Bush. Die beiden assen jeden Donnerstag zu zweit Lunch. Und diese Berater-Mittagessen hatten es in sich. Ohne Cheneys Zutun – da sind sich die Experten einig – hätte Bush nie den Irakkrieg losgetreten.
Cheney aber ist Geschichte. Jetzt ist Pence an der Reihe. Und mit Trump hat der einen Chef, der als beratungsresistent gilt. Trump zu bändigen, das dürfte für Pence schwierig werden. Wahrscheinlicher ist, dass Pence zum «Troubleshooter in Chief» wird, der zwischen dem Senat und dem Weissen Haus vermittelt und Wogen glättet. Dass er ein guter Beschwichtiger ist, hat Pence im Wahlkampf bewiesen. Neben dem aufbrausenden Trump wirkte der gläubige Christ und dreifache Familienvater, der mehr als zehn Jahre im Repräsentantenhaus sass, wie ein halbheiliger Politengel.
Doch hinter Mike Pence zurückhaltender Fassade verbergen sich knallharte Überzeugungen. Als Gouverneur von Indiana hat er strenge Anti-Abtreibungsregeln eingeführt und Gesetze verabschiedet, die Homosexuelle diskriminieren. Er hat sich gegen die Reduktion von CO2-Emissionen und für den Ausbau der Kohleindustrie eingesetzt und stimmte im Repräsentantenhaus für den Irakkrieg.
Wie gross oder klein Pences Einfluss auf Trumps Präsidentschaft also auch sein wird: Gemässigte Töne darf man aus dem Oval Office die kommenden vier Jahre nicht erwarten.