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Marine Le Pen ist angeschlagen. Ihre eigene Familie sägt an ihrem Stuhl, und ohne eine Allianz mit anderen Parteien kann sie keine Mehrheit bilden.
Zwischen Euphorie und Selbstzweifeln herrschte am Front-National-Kongress in Lille eine seltsame – seltsam widersprüchliche – Stimmung.
Einerseits sind die Ideen der National-Populisten in ganz Europa im Vormarsch. Marine Le Pen aber wirkte in Lille trotzdem angeschlagen.
Seitdem sie letztes Jahr ihr Wahlkampffinale gegen Emmanuel Macron vermasselte, ist sie auch parteiintern angefochten.
Ihre eigenen Familienangehörigen und Parteifreunde – Vater Jean-Marie Le Pen, Nichte Marion Maréchal-Le Pen oder die ehemals rechte Hand Florian Philippot – sägen vereint an ihrem Stuhl.
Ihr grösster, wenngleich verdeckter Gegner ist allerdings das französische Mehrheitswahlrecht, das Parteien von der Grösse der Frontisten zu Wahlbündnissen zwingt. Ohne Allianz keine Mehrheit: Daran scheiterte Parteigründer Jean-Marie Le Pen vierzig Jahre lang.
Tochter Marine will das ändern. Das zeigte sich in Lille daran, dass sie sich von den politischen Extremen distanzierte und eine Änderung des Parteinamens ankündigte.
Dieser Schritt verhilft ihr allerdings noch nicht zu einer Allianz mit anderen Parteien. Nicht, solange die französischen Rechten von einer oder einem «Le Pen» angeführt werden.
Ihr Familienname verfolgt Marine Le Pen wie ein väterlicher Fluch. Wegen ihm wird sie auch mit einem neuen Parteinamen nicht aus dem Schmuddeleck gelangen.
Darin bestand das eigentliche Paradox dieses FN-Kongresses in populistischen Zeiten: Die bekannteste und beständigste der europäischen Ultranationalen hat wohl die schlechtesten Chancen, jemals die Macht in ihrem Land zu erobern.