Seit dem 2012 durch französische Truppen gestoppten Vormarsch dschihadistischer Milizen ist das westafrikanische Land kaum mehr ein Thema. Befriedet ist es allerdings auch nicht.
Bamako ist weit weg. Die Hauptstadt im Süden des Landes ist geschäftig unterwegs. Im Norden des Landes ist die Wüstenstadt Timbuktu für westliche Reisende aber weiterhin ein unerreichbarer Sehnsuchtsort. Vielleicht entsteht dieser Eindruck aber nur deshalb, weil aus dem Norden Malis kaum noch Nachrichten nach Europa dringen.
Das westafrikanische Binnenland hat 17 Millionen Einwohner und gehört zu den ärmsten Ländern der Welt (Rang 176 von 187 laut UNO-Entwicklungsindex). Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt laut Weltbank bei 55 Jahren (Schweiz 82).
Seit einem Militärputsch vor dreieinhalb Jahren lassen radikale Islamisten und separatistische Tuareg-Rebellen das Land nicht zur Ruhe kommen. Nach dem Putsch hatten Islamisten den dünn besiedelten Norden Malis eingenommen. Erst mit Eingreifen der früheren Kolonialmacht Frankreich konnten sie wieder zurückgedrängt werden.
Seit 2013 versucht die UNO mit ihrer Stabilisierungsmission Minusma, einer gut 11000 Mann starken Blauhelmtruppe, im Norden für Ordnung zu sorgen. In der Hauptstadt Bamako ist derzeit eine European Training Mission (EUTM) stationiert, die Armee und Polizei des Landes ausbilden soll. Doch Islamisten und kriminelle Banden sorgen weiterhin für eine angespannte Sicherheitslage und verwickeln die Regierungstruppen immer wieder in Kämpfe. Ab und zu kommt es auch zu spektakulären Anschlägen in Bamako oder anderen Ortschaften im Süden des Landes. Das Ziel sind zumeist ausländische Gäste und Militärs.
Im Norden fühlen sich viele von der Regierung in Bamako alleingelassen. Dass der Weg zum Frieden ein steiniger ist, zeigen Massnahmen, die zu ihm führen sollen. Ende Februar haben ehemalige Tuareg-Rebellen und die Regierung im Norden erste gemeinsame Übergangsverwaltungen installiert, zum Beispiel in der Stadt Gao, einem der wichtigsten Standorte der Minusma-Truppe. Gewählt sind diese Verwaltungen nicht. Die Bevölkerung urteilt auch deshalb gespalten über sie. Doch mangelnde Sicherheit, so argumentierte die Regierung, hat Wahlen verunmöglicht. Der Mali-Experte Paul Melly sagt dennoch: «Für den Friedensprozess sind diese Verwaltungen essenziell. Es ist wichtig, dass auch die früheren Rebellen in der Lage sind, politisch und wirtschaftlich Einfluss zu nehmen.» Die gemischten Verwaltungen waren bereits 2015 im Friedensvertrag von Algier beschlossen worden. Ihr Aufbau verzögerte sich stark. «Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt die neuen Strukturen ab», so Jean, ein Student aus Bamako. Sein Kollege Muhammad ist anderer Meinung. «Die Reaktionen sind positiv. Die Menschern erwarten jetzt Lösungen für chronische Probleme wie Wasser- oder Gesundheitsversorgung.»
Seit Anfang dieser Woche tagt in Bamako eine Konferenz, welche die Einhaltung des Friedensfahrplans für Mali garantieren soll. Die Erfolgsaussichten sind nicht rosig. Die wichtigsten Tuareg-Organisationen, die in der Koordination der Azawad-Bewegungen (CMA) vereinigt sind, boykottieren die Tagung. Dabei gehört die CMA zu den wichtigsten Unterzeichnerinnen des Algiers-Abkommens. Ihre Begründung: «In Bamako wird verhandelt, ohne zu schauen, was im Norden passiert.»
Ein organisatorisches Meisterwerk ist die Tagung nicht. Die Tuareg-Gruppen erhielten den Termin erst wenige Tage vor Beginn. Auch wichtige Gruppen der Zivilgesellschaft erfuhren, wenn überhaupt, nur aus dem Radio von der Konferenz. Mit den zahlreichen Absagen hat das «Versöhnungstreffen» in Bamako seine Glaubwürdigkeit weitgehend eingebüsst – und damit vorerst auch die gemischten Verwaltungen.
Walter Brehm