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Nach Donald Trump und Xi Jinping rüstet sich jetzt auch die Nato für den Krieg im All

Die Verteidigungsallianz gründet eine eigene «Space-Force». Die fünf wichtigsten Fragen und Antworten.

Remo Hess
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Die Gefahr kommt nicht nur von links und rechts, sondern manchmal auch von oben. Das weiss auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (links).

Die Gefahr kommt nicht nur von links und rechts, sondern manchmal auch von oben. Das weiss auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (links).

Keystone

Die Verteidigung des Westens findet nicht mehr bereits am Hindukusch statt, wie es der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck mit Blick auf den Afghanistankrieg mal gesagt hat. Im Jahr 2020 richtet die transatlantische Verteidigung ihren Blick weiter, viel weiter. Genauer: in den Weltraum.

Eine «Space-Force» (also eine «Weltraumstreitkraft») mit Kommandozentrum im deutschen Ramstein soll die Nato auf einen möglichen Krieg im All vorbereiten. Science-Fiction? Keineswegs. Heute Donnerstag wollen die Verteidigungsminister der 30 Mitgliedstaaten das Megaprojekt ankündigen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

1) Welche Bedrohungen gibt es aus dem Weltraum?

Satelliten sind für die militärische Verteidigung zentral. Ohne sie wären die Nato-Armeen blind und taub. Aber auch für das zivile Leben sind Satelliten unabdingbar: Über sie laufen internationale Zahlungssysteme oder das GPS-Navigationssystem. Wer den Westen angreifen will, muss daher seine Satelliten ins Visier nehmen. Zum Beispiel mit Raketen oder neuartigen Laserwaffen. Daneben stellen neue Hyperschallwaffen eine Bedrohung dar. Die extrem-­schnellen Raketen gleiten nämlich an der Erdatmosphäre entlang und gelten bislang als kaum abfangbar.

2) Wer ist bereits im Weltraum aktiv?

Die Grossmächte USA und China sowie Russland entwickeln offensive und defensive Systeme. Aber auch Indien hat im März 2019 bewiesen, dass es mit einer Rakete einen ausgedienten Satelliten abschiessen kann. 2019 hatte US-Präsident Donald Trump offiziell die «US Space Force» gegründet – und dafür nicht nur Respekt, sondern auch einigen Spott geerntet. Der Teilstreitkraft sind rund 16000 Soldaten zugeteilt. Der Budgetantrag für 2021 beläuft sich auf 15 Milliarden Dollar. In Europa will Frankreich seine Stellung im All vorantreiben und beispielsweise Patrouillensatelliten entwickeln, die andere Satelliten schützen können. Das Wettrüsten ist im Gang.

3) Wie realistisch ist überhaupt ein Weltraumkrieg?

In naher Zukunft wird es sicher keine Laserkriege im All geben.

Wir wollen den Weltraum nicht militarisieren.

Das betont Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Laut dem Weltraumvertrag von 1967, den auch Russland und China unterzeichnet haben, darf das All nur «zu friedlichen Zwecken» genutzt werden. Nuklear- und andere Massenvernichtungswaffen sind verboten. Verboten ist zudem die Einrichtung von extraterrestrischen Militärbasen, zum Beispiel auf dem Mond. In Bezug auf andere Waffensysteme bleibt der Vertrag aus der Zeit des Kalten Krieges aber vage.

4) Welche Aufgaben hat die Nato-Space-Force?

In einem ersten Schritt soll ein Zentrum auf dem Nato-Luftwaffenstützpunkt im deutschen Ramstein eingerichtet werden, wo die Weltraumüberwachung koordiniert wird. Alle Informationen etwa über mögliche Bedrohungen für Satelliten werden da zusammenlaufen. Später dürfte der Standort zur Kommandozentrale für Abwehrmassnahmen ausgebaut werden.

5) Warum kommt die Space-Force gerade jetzt?

Die Nato-Mitglieder hatten den Weltraum im vergangenen Jahr neben Boden, Luft, See und dem Cyberspace zu einem eigenen Operationsgebiet erklärt. Die Gründung einer Kommandostruktur ist der logische Schritt. Bemerkenswert ist, dass der Standort der Kommandozentrale in Deutschland liegen wird. Dem von US-Präsident Donald Trump angeordneten Abzug von fast 12000 US-Soldaten aus Deutschland würde so ein Kontrapunkt gesetzt.