Mord an Journalist
«New York Times» berichtet: Saudischer Kronprinz bin Salman erwog «Kugel» für Khashoggi

Im Fall der brutalen Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi sind neue Hinweise auf eine Verstrickung des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman aufgetaucht. Einem Bericht der "New York Times" zufolge erwog der Thronfolger im September 2017, den Regierungskritiker töten zu lassen.

Drucken
War der saudische Kronprinz in den Mord an Jamal Khashoggi involviert? Ein neuer Bericht legt dies nahe.

War der saudische Kronprinz in den Mord an Jamal Khashoggi involviert? Ein neuer Bericht legt dies nahe.

KEYSTONE/AP/HASAN JAMALI

In einem von US-Geheimdiensten abgehörten Gespräch habe er gedroht, er werde Khashoggi "mit einer Kugel" verfolgen, sollte der Journalist nicht ins Königreich zurückkehren und seine Kritik an der Regierung einstellen, berichtete das Blatt am Donnerstagabend.

Der im Exil in den USA lebende Journalist war im vergangenen Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul von einem aus Riad angereisten Spezialkommando ermordet worden. Schon in den vergangenen Monaten hatten Indizien darauf hingewiesen, dass Personen aus dem engsten Umfeld des Kronprinzen in die Tötung verwickelt sind.

Medienberichten zufolge sieht auch der US-Geheimdienst CIA den Kronprinzen als Drahtzieher hinter der Tötung. Das Königreich streitet hingegen jegliche Verbindung Mohammed bin Salmans zu dem Verbrechen ab.

Khashoggis Leiche bleibt auch mehr als vier Monate nach seinem Tod spurlos verschwunden. "Es ist wichtig für uns, dass die Leiche gefunden wird - dass wir einen Ort haben, an dem seine Lieben ihre Gebete sagen können", sagte seine Verlobte Hatice Cengiz am Freitag in Istanbul bei der Vorstellung eines Buches über den Journalisten.

Kopie von Jamal Khashoggi
7 Bilder
Khashoggi lebte im US-Exil und betrag das saudische Konsulat, um Papiere für seine Hochzeit mit einer Türkin abzuholen.
Kurz nach Kashoggis Verschwinden wurden Gerüchte laut, dass er im Konsulat getötet worden sei. Riad hatte diese Vorwürfe zunächst vehement bestritten.
Nach massivem internationalem Druck räumte der saudische Kronzprinz Mohammed bin Salman ein, dass Kashoggi im Konsulat getötet worden sei.
Allerdings soll es sich laut Saudi-Arabien nicht um eine gezielte Tötung gehandelt und der Kronprinz nichts damit zu tun haben. 18 Verdächtige wurden in Saudi-Arabien festgenommen.
Anders klingt es von Seiten der türkischen Staatsanwaltschaft: Khashoggi sei "gemäss eines zuvor gemachten Plans erwürgt worden, gleich nachdem er das Konsulat betreten hatte"
Der türkische Präsident Erdogan verurteilte den "barbarischen" Mord aufs schärfste.

Kopie von Jamal Khashoggi

Hasan Jamali

Stellungnahme von US-Regierung erwartet

Die "New York Times" beruft sich in ihrem Bericht auf Offizielle, die mit den Geheimdienstberichten vertraut seien. Demnach führte der Kronprinz das Gespräch mit einem Vertrauten im September 2017. Damals begann Khashoggi, Kolumnen für die "Washington Post" zu schreiben, in denen er scharfe Kritik an der saudischen Regierung übte.

Weiter heisst es, US-Geheimdienste gingen in den vergangenen Jahren abgefangene Konversationen des Thronfolgers durch, um die Hintergründe der Tat zu ermitteln. Mohammed bin Salman ist ein enger Verbündeter von US-Präsident Donald Trump, der Massnahmen gegen den Prinzen ablehnt.

An diesem Freitag läuft eine Frist ab, bis zu der die US-Regierung erklären muss, ob sie den 33-Jährigen für verantwortlich hält und Sanktionen gegen ihn erlässt. US-Senatoren hatten im vergangenen Jahr eine entsprechende Stellungnahme verlangt.

Ein Sprecher des Aussenministeriums erklärte am Donnerstag, die US-Regierung werde weiter daran arbeiten, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Er liess auch auf Nachfrage offen, ob sie die Frist einhält.

Prozess in Saudi-Arabien

In dem Königreich läuft derzeit ein Prozess gegen insgesamt elf Angeklagte, deren Namen die saudische Justiz bislang jedoch nicht veröffentlichte. Mohammed bin Salman gilt als starker Mann und künftiger Herrscher des islamisch-konservativen Landes.

Die in dem Fall ermittelnde Uno-Menschenrechtsexpertin Agnes Callamard hatte Saudi-Arabien zuvor vorgeworfen, die Aufklärung des Mordes zu behindern.

Der türkische Justizminister Abdülhamit Gül sagte am Freitag, dass Saudi-Arabien sich den Ermittlungen verschliesse, mache es schwer, den Fall aufzuklären. Die Türkei sei weiter bereit, die Tonaufnahmen zur Ermordung aus dem Konsulat zur Verfügung zu stellen.