Flugzeugindustrie
Rückkehr der Boeing 737 Max: Hersteller und Fluggesellschaften zeigen grosse Mühen

Der Flugzeughersteller Boeing zeigt sich optimistisch darüber, dass der umstrittene Flugzeugtyp Boeing 737 Max bald wieder in Betrieb genommen werden kann. Derzeit steht das Okay der Aufsichtsbehörde FAA aber noch aus.

Renzo Ruf aus Washington
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Dutzende von geerdeten Boeing 737 MAX-Flugzeugen drängen sich auf einem Parkplatz neben dem Boeing Field in Seattle.

Dutzende von geerdeten Boeing 737 MAX-Flugzeugen drängen sich auf einem Parkplatz neben dem Boeing Field in Seattle.

Elaine Thompson/AP, 27. Juni 2019

So behauptet American Airlines, für Flug 1137 am 30. Dezember von Miami nach Bogotá komme eine Boeing 737 Max zum Einsatz. Vorige Woche bestätigte ein hochrangiger Vertreter der grössten Fluggesellschaft Amerikas, American Airlines sei «zuversichtlich», die 24 Boeing 737 Max, die sich im Besitz von AA befänden, spätestens im November wieder in Betrieb zu nehmen. Ähnliche optimistische Töne verbreitete vor einigen Wochen der Hersteller des Flugzeuges. Konzernchef Dennis Muilenburg sagte im Gespräch mit Investoren, dass die parkierten Boeing 737 Max im «vierten Quartal» des laufenden Jahres wieder fliegen würden.

Behörde plant Tests mit Flugzeugsimulatoren

Doch ist dieser Zeitplan realistisch? Sowohl American Airlines als auch Boeing verweisen darauf, dass es die Aufsichtsbehörden seien, die letztlich das grüne Licht geben müssten. Und obwohl die amerikanische Flugsicherungsbehörde – die Federal Aviation Administration (FAA) – öffentlich verkündet, dass es keine «starre Frist» für die Wiederinbetriebnahme der Boeing 737 Max gäbe, scheint sie derzeit von einer Rückkehr im kommenden Herbst auszugehen. So sprach die FAA kürzlich eine Einladung an Piloten derjenigen Fluggesellschaften aus, die Flugzeuge des betroffenen Typus besitzen. Demnach plant die Behörde umfassende Tests mit Flugzeugsimulatoren, die mit einer aufdatierten Computer-Software der Boeing 737 Max bestückt sind.

Dieses Update betrifft vor allem das Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS), die eigentliche Steuerungssoftware des hochmodernen Fliegers. Gemäss aktuellen Erkenntnissen spielte die Software bei den beiden Abstürzen im Frühjahr eine zentrale Rolle, weil es aufgrund von falschen Daten Korrekturen am Kurs der Unglücksmaschinen vornahm.

Andererseits sind in der Branche Zweifel verbreitet, dass die Flugsicherungsbehörde FAA ihren Zeitplan auch tatsächlich einhalten kann. So ist Southwest Airlines der Meinung, dass der Flugzeugtypus erst 2020 wieder im Einsatz stehen werde. Southwest besitzt 34 Jets der Bauart Boeing 737 Max, und ist einer der besten Kunden des amerikanischen Flugzeugherstellers. «Wir sind nicht glücklich darüber, dass es derart lange dauert», sagte Southwest-Konzernchef Gary Kelly im Gespräch mit dem Wirtschaftssender «CNBC».

Boeing sucht temporäre Aushilfen für Wartung

Die Verzögerungen beim Programmieren und Testen des MCAS bereiten auch Boeing grosses Kopfzerbrechen. Kürzlich wurde bekannt, dass die Firma einige Hundert temporäre Angestellte suche, die für die Wartung der ausser Dienst stehenden Flugzeuge zuständig sein sollen. Arbeitsort ist das Kaff Moses Lake in den Weiten des Bundesstaates Washington an der amerikanischen Westküste: Der grosszügig ausgestaltete Flugplatz Grant County International Airport dient Boeing bereits heute als Parkplatz für ausrangierte Boeing 737 Max. Ein Reporter eines lokalen Fernsehsenders zählte kürzlich gegen 50 Flugzeuge, die auf ihre Wiederinbetriebnahme warten – darunter Maschinen im Besitz von Southwest, Ukraine International und Turkish Airlines.

Boeing ist bestrebt, den Betrieb mit dem umstrittenen Flugzeugtypus rasch wieder aufzunehmen, um den finanziellen Schaden für das Unternehmen möglichst gering zu behalten. Die «Financial Times» berichtete in der vorigen Woche, dass nun erstmals ein Kunde den Flugzeughersteller vor einem amerikanischen Gericht verklagt habe. Demnach will eine russische Leasing-Gesellschaft eine finanzielle Entschädigung von insgesamt 115 Millionen Dollar, weil Boeing nicht die Wahrheit über die technischen Probleme mit dem Flugzeugtyp Boeing 737 Max gesagt habe.

Dorian sorgt für Störungen im Flugverkehr

Der Hurrikan «Dorian», der Kurs auf den Süden des amerikanischen Bundesstaates Florida hält und voraussichtlich in der Nacht auf Dienstag (Lokalzeit) das Festland erreichen wird, sorgt für Probleme im amerikanischen Flugverkehr – ausgerechnet an einem langen Wochenende. Heute Montag wird in Amerika der Labor Day begangen, der traditionelle Tag der Arbeit, den viele Bewohnerinnen und Bewohner der USA dazu nutzen, ein letztes Mal das warme Sommerwetter zu geniessen. Gemäss einer Schätzung eines Branchenverbandes sind während des Labor Day 17,5 Millionen Amerikaner mit dem Flugzeug unterwegs.

Allein an der Südspitze Floridas befinden sich drei internationale Flughäfen – Miami, Fort Lauderdale und Palm Beach –, die sich im Zuge von «Dorian» mit langen Betriebsunterbrüchen konfrontiert sehen. Auch im Ferienort Orlando könnte der Hurrikan für Schäden sorgen. Sämtliche grossen Fluggesellschaften sprechen deshalb bereits von drohenden Stornierungen, von denen auch Transatlantikflüge betroffen sein könnten. (rrw)