Kinderarbeit ist auch in China streng verboten. Doch die Realität ist eine andere. Bei den Samsung-Werken etwa arbeiten Minderjährige – vermittelt von Schulen.
Elegant funkelnde Smartphones, zusammengelötet von 13-, 14- und 15-Jährigen: Eigentlich gilt diese Praxis in China längst als verboten und wird staatlich auch geahndet. Die unabhängige Arbeiterorganisation China Labor Watch hat dennoch nachgewiesen, dass Kinderarbeit in einigen chinesischen Fabriken nicht nur punktuell vorhanden, sondern durchaus üblich ist.
Nach der häufigen Kritik an Apple und seiner Zulieferfirma Foxconn über die zum Teil miserablen Arbeitsbedingungen hat China Labor Watch nun den südkoreanischen Elektronikriesen Samsung ins Visier genommen – Hersteller unter anderem der Galaxy-Smartphones. Die Nichtregierungsorganisation mit Sitz in New York berichtet, dass in drei von sechs untersuchten Betrieben von Samsung Kinderarbeit weit verbreitet sei.
So berichtet die Organisation, dass die unter 16 Jahre alten Schülerinnen und Schüler häufig ausgerechnet von den Lehrern zur Fabrikarbeit gezwungen werden. Sie drohten damit, andernfalls keine Abschlusszeugnisse auszustellen. Einige der Schulen behaupten, es handle sich um Praktika, um ihre Schüler auf das Arbeitsleben vorzubereiten. Doch glaubwürdig klingen diese Begründungen nicht. China Labor Watch weiss, dass die Lehrer von lokalen Samsung-Leitern für diese Vermittlung bezahlt werden. Auch die Schulen erhielten Geld dafür.
China Labor Watch beobachtet Samsung schon eine Weile. Denn bei HEG Electronics, der chinesischen Zulieferfirma des südkoreanischen Grosskonzerns, fand die Organisation bereits im Juni heraus, dass Kinderarbeit dort üblich ist. Anonyme Untersuchungen hatten ergeben, dass in einem Betrieb wahrscheinlich bis zu 100 Minderjährige beschäftigt waren. Dabei verrichteten sie die gleiche Arbeit wie Erwachsene, erhielten aber nur 70 Prozent des üblichen Gehalts.
Samsung bestreitet Vorwürfe
Die Firmenleitung von Samsung bestreitet die Vorwürfe. Es gebe regelmässig Kontrollrundgänge bei HEG. Ihr sei nichts aufgefallen. Auch die jüngsten Anschuldigungen bestreitet das südkoreanische Unternehmen. Samsung messe sich «an den höchsten Standards» bei den Arbeitsbedingungen.
In vielen Teilen Chinas herrscht zunehmend Mitarbeitermangel, sodass vor allem die schwächelnden, auf Export orientierten Unternehmen es anders als noch vor wenigen Jahren immer schwerer haben, Personal zu niedrigen Löhnen zu finden. Kinder und Jugendliche sind für sie ideale Arbeiter. Denn sie sind oft geschickter, wissen sich anders als ihre älteren Kollegen aber nicht zu wehren. Gerade in ländlichen Gegenden kommen viele von ihnen aus ärmlichen Verhältnissen. Ihre Eltern begrüssen es, wenn die Kinder ein paar Yuan nach Hause bringen.
Wie weit Kinderarbeit insgesamt in der Volksrepublik China verbreitet ist – dazu gibt es keine offiziellen Zahlen. Gemäss einer Statistik des chinesischen Bildungsministeriums wird die neunjährige Schulpflicht von 94 Prozent der in China lebenden Kinder eingehalten. Das klingt zunächst einmal nach einem recht hohen Wert. Angesichts der 1,3 Milliarden Chinesen heisst es in absoluten Zahlen jedoch: Rund 18 Millionen Kinder gehen nicht zum Schulunterricht.