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Im Wahlkampf in Israel zählen inhaltliche Argumente weniger als Details aus dem Privatleben der beiden Spitzenkandidaten. Je näher der Wahltermin rückt, desto giftiger wird Israels Wahlkampf geführt.
Benjamin Netanjahu und Benny Gantz, die beiden Herausforderer, die am 9. April gewinnen wollen, bekämpfen sich gegenseitig mit Behauptungen, die unter die Gürtellinie zielen.
Komplexität werde in dieser Kampagne als Schwäche ausgelegt, meint Chen Arzi Sror, die für das Massenblatt «Yediot Achronot» schreibt. Die Bürger würden Politiker bevorzugen, deren Weltsicht sich auf Twitter zusammenfassen lasse, «am liebsten mit Ausrufezeichen». Statt über Sachthemen wie den Friedensprozess mit den Palästinensern, die Wohnungsnot oder die Ursachen für die Misere in den Spitälern nachzudenken, stehen die Persönlichkeiten der Kandidaten im Vordergrund.
So bezeichnet Netanjahus Kampagne Gantz, den ehemaligen Generalstabschef, als «geistig unfähig», die Verantwortung für Israel zu übernehmen. Gantz sei «nicht ganz bei Sinnen», er sei «schwach» und «links». Auf einem besonders hinterhältigen Clip ist Gantz zu hören, wie er wiederholt «vollkommen stabil» stottert. Um ihn zu dämonisieren, werden seine Augen mithilfe eines Tricks als furchterregend heraustretende Kulleraugen gezeigt. Die dazu eingespielte Musik aus dem Horrorstreifen «Psycho» treibt die Negativ-Botschaft auf die Spitze.
Die Bösartigkeit, mit der Netanjahus Kampagne die Persönlichkeit seines Gegners angreift, hat keine Grenzen. Einmal wurde dem 59-jährigen Gantz ein angebliches sexuelles Fehlverhalten während der Schulzeit vorgehalten, das sich dann als falsch erwies. Ein anderes Mal ging es um sein Handy, das vom Iran gehackt worden war. Gantz bestätigt zwar, dass sein Handy gehackt wurde, beteuert aber, es habe sich um sein privates Smartphone gehandelt, das weder Staatsgeheimnisse enthalte noch Informationen, die ihn erpressbar machen würden. Netanjahu bauschte die Handy-Affäre trotzdem auf und meinte spitz: Wenn Gantz nicht für die Sicherheit seines Handys garantieren könne, wie werde er dann fähig sein, für die Sicherheit Israels zu sorgen?
Auch Gantz, der sich anfänglich mit persönlichen Vorwürfen an Netanjahu bewusst zurückgehalten hatte, schlägt mittlerweile einen schärferen Ton an. Vor einer Woche meinte er zum Beispiel, Netanjahus negative Wahlkampagne könnte «zu einem Bürgerkrieg führen». Dessen toxische Rhetorik, so der ehemalige General, hätte bereits in den 1990er-Jahren zu einem Klima geführt, das den Mord am damaligen Premierminister Yitzhak Rabin begünstigte.
Die Korruptionsvorwürfe der Polizei und der Justiz, mit denen Netanjahu konfrontiert ist, sind für Gantz eine Steilvorlage. Netanjahu wache am Morgen auf und denke weder an die prekäre Situation in den Spitälern, in den Schulen noch an die wirtschaftlichen Nöte der Armen, sondern nur an sich selber und wie er sich bereichern könne, auf Kosten des Steuerzahlers.
Netanjahu reagiert auf solche Anschuldigungen mit der Aufforderung, Gantz ganz einfach zu ignorieren. Er könne eben nicht akzeptieren, dass die Bürger «mich und meinen Leistungsausweis respektieren», so Netanjahu. Statt an der Urne würden ihn seine Gegner deshalb mithilfe der Justiz besiegen wollen.