Disaster am Lake Peigneur
So führt ein kleiner Rechenfehler zur grossen Katastrophe

Ein See in Louisiana verschwindet im Abgrund und reisst Boote, Bohrtürme und Bäume mit sich. Das gigantische Loch lässt sogar einen Fluss rückwärts fliessen. Alles wegen einem Rechenfehler.

Drucken
Lake Peigneur
4 Bilder
Lake Peigneur Vor dem Disaster (links) und während (rechts): Der Wasserstand sinkt.
Lake Peigneur Das abfliessende Wasser zieht Boote mit sich in den Abgrund.
Lake Peigneur Durch bis zu 120 Meter hohe Geysire tritt Luft aus den Minenschächten aus.

Lake Peigneur

Zur Verfügung gestellt

30 Jahre ist es her. Am frühen Morgen des 20. November 1980 suchten Mitarbeiter der Erdölfirma Texaco wie gewohnt nach Ölvorkommen unter dem Lake Peigneur im Bundesstaat Louisiana.

Doch dann stand plötzlich die Bohrmaschine still. Mitarbeiter versuchten noch den 35 Zentimeter dicken Bohrkopf mit allen Mitteln freizubekommen, schafften es jedoch nicht. Immer wieder hörten sie sonderbare Geräusche aus den Tiefen des Sees.

Zeugen einer Katastrophe

Es geschah, womit niemand gerechnet hatte: Der 45 Meter hohe Bohrturm neigte sich zur Seite. Die Arbeiter konnten sich gerade noch aufs Festland retten, bevor sie Zeugen einer Katastrophe wurden. Im 500-Hektar grossen und drei Meter tiefen See tat sich ein Loch auf, welches das Seewasser mit in die Tiefe sog.

Doch wie kann eine Bohrmaschine eine solche Katastrophe verursachen?

Mehrere hundert Meter tief unter dem See bekamen Arbeiter des Salzbergwerks «Diamond Crystal Mine» nasse Füsse. Der Bohrkopf hatte einen Minenschacht angebohrt, das eintretende Wasser löste das Salz auf.

Die 55 Mitarbeiter der konnten sich gerade noch mit Minenfahrzeugen und Liften an die Erdoberfläche retten.

Abgrund verschlang alles

Der Lake Peigneur hatte sich in einen Abgrund verwandelt, der ein Motorboot, elf Lastkähne und das dazugehörige Ladedock sowie eine zweite Bohrplattform verschlang. Das Loch riss auch einen Parkplatz, mehrere Traktoren, einen Wohnwagen und vier voll beladene LKW in die Tiefe, sowie 26 Hektar der Halbinsel Jefferson Island und ihres botanischen Gartens.

Als ob ein Stöpsel entfernt wurde, lief das Wasser aus dem See ins Loch ab und vergrösserte dieses ständig.

Fluss kehrte Richtung

Nach nur drei Stunden war der See grösstenteils in den Tiefen der Mine verschwunden. Die Strömung war so stark, dass sich sogar die Fliessrichtung des Delcambre-Kanals, welcher Wasser des Lake Peigneur in den Golf von Mexiko leitet, umkehrte: Salzwasser floss in den See.

Die Minenschächte stürzten ein, wodurch sich der Seeboden absenkte. An der Stelle, wo der Kanal aus dem See austrat, entstand während ein paar Tagen der mit 50 Metern grösste Wasserfall, der es jemals in Louisiana gegeben hatte.

Erst nach zwei Tagen war der Lake Peigneur mit seiner neuen Tiefe von 400 Metern wieder gefüllt.

45 Millionen Schadenersatz

Das Ölunternehmen Texaco musste die Betreiber der Mine und des botanischen Gartens mit insgesamt 45 Millionen Dollar entschädigen. Laut Michael Richard, Manager des botanischen Gartens, hatte ein Ingenieur den Standpunkt der Bohrplattform falsch berechnet: 120 Meter zu nah an der Salzmine.

Wer wirklich Schuld an dem Disaster war, wurde nie geklärt. Die Beweisstücke liegen tief unter dem See in einer Salzmine. (lds)