Das Ende eines Pontifikats ist für Rom ein Ereignis wie die Olympischen Spiele: Das Event lockt Massen von Pilgern und Touristen an - und bringt damit Arbeit und Geld. Der Rücktritt Benedikts ist für die Geschäftsleute rund um den Vatikan ein Segen.
Vatikanstadt. In Zeiten tiefer Rezession in Italien mit Umsatzrückgängen zwischen 10 und 30 Prozent ist der Amtsverzicht des Papstes gleichsam ein unerwartetes Geschenk des Himmels. Hunderttausende Pilger werden in den kommenden Wochen zur letzten Generalaudienz Benedikts, zum Konklave sowie zur Messe zum Amtsantritt des neuen Papstes erwartet.
Einen Vorgeschmack auf den Pilgeransturm bot die zwei Kilometer lange Schlange, die sich vor Beginn der vom Papst zelebrierten Aschermittwochsliturgie bildete. Zum Angelusgebet am Sonntag versammelten sich 50'000 Menschen auf dem Petersplatz.
«Wir hoffen, dass der neue Papst wieder die Massen mobilisieren wird, wie Johannes Paul II», sagt Cesare Di Porta zur österreichischen Nachrichtenagentur APA. Er ist Inhaber des Souvenirgeschäfts Bisocchi, wenige Schritte vom Petersplatz entfernt.
«Der polnische Papst hat Tausende von Heilig- und Seligsprechungen zelebriert und hunderttausende Pilger nach Rom gelockt», sagt Di Porta. Mit Benedikt sei es dagegen in den letzten acht Jahren eher ruhig gewesen: «Joseph Ratzinger war kein Papst der Massen.»
Seit Generationen verkauft die Familie Di Porta religiöse Artikel rund um den Vatikan. Ihr Souvenirgeschäft ist in Rom eine Institution. Kaum ein Pilger nähert sich dem Vatikan, ohne zumindest einen Blick in das Geschäft zu werfen, das eine riesige Sammlung religiöser Gegenstände anbietet.
Angefangen von Rosenkränzen über Porträts der Päpste und Kugelschreiber mit dem Wappen des Vatikans bis hin zu Statuen und Kalender: Im Geschäft auf der Via del Mascherino findet man ein breites Sortiment an Mitbringseln, Kerzen, Tassen und Feuerzeugen mit dem Konterfei von Benedikt XVI. sowie Postkarten und Schlüsselanhänger.
Di Porta bereitet sich schon vor, in seinem Geschäft Platz für Rosenkränze, Medaillen, Schlüsselanhänger und Büsten des neuen Pontifex zu machen. «Bereits wenige Stunden nach dem 'Habemus Papam' werden die ersten Fotos, Postkarten und Poster mit dem neuen Papst gedruckt und in die Geschäfte kommen», sagt er. Danach werde eine ganze Palette von Souvenirs des neuen Papstes vorbereitet.
Zwar sind schon acht Jahre seit dem Tod von Johannes Paul II. vergangen. Die Andenken mit dem Antlitz des polnischen Pontifex bleiben bisher aber noch der absolute Renner in den Shops.
«Johannes Paul II. war einmalig, seine Beliebtheit ist weltweit immer noch enorm», erklärt Luca Guarnieri, Inhaber eines grossen Souvenirgeschäfts. In seinem Shop, nur 100 Meter vom Petersplatz entfernt, herrscht buntes Treiben. Die Leute sprechen Spanisch, Italienisch, Englisch, Deutsch.
Heute noch würden Pilger mehr Andenken vom polnischen Papst als von Benedikt kaufen. Der deutsche Papst sei in den Jahren seines Pontifikats zwar nach und nach beliebter geworden, sagt Guarnieri. Er habe aber nicht wie sein Vorgänger die Sympathien der Massen genossen.
Die Geschäftsbesitzer auf dem Petersplatz rätseln jetzt über den neuen Papst. «Am liebsten hätten wir einen Lateinamerikaner», sagt Guarnieri, «denn das würde Millionen ausländischer Pilger in den Vatikan locken.» Auch der philippinische Kardinal mit chinesischer Mutter, Luis Antonio Tagle, wäre ein guter Kandidat. «Damit könnten wir mit Zuströmen aus dem asiatischen Raum rechnen», sagt er mit einem Augenzwinkern. Ein italienisches Pontifikat nach drei Jahrzehnten ausländischer Päpste wünscht er sich nicht. «Ein Italo-Papst würde weniger Interesse im Ausland wecken», sagt er.
Das Ende von Benedikts Pontifikat bedauert Vincenzo Modica, Inhaber eines Foto- und Souvenirgeschäfts auf dem Borgo Pio, wenige Schritte vom Vatikan entfernt: «Wir kennen Joseph Ratzinger seit 30 Jahren, seitdem er Kardinal war und hier lebte.» Er habe ihn auch öfters fotografiert. Er sei ein sehr freundlicher Mensch, der wie er selbst Katzen liebe. «Es würde mich freuen, wenn er uns nach seinem Rücktritt besuchen käme», sagt Modica. Für Benedikts Beschluss, auf das Amt zu verzichten, zeigt er volles Verständnis. «Für einen Menschen in seinem hohen Alter muss der Papst-Job sehr anstrengend sein mit all diesen anspruchsvollen Reisen, langen Zeremonien und den vielen Verpflichtungen», sinniert Modica. (sda/apa)