Mit viel Selbstbewusstsein wollte Frankreichs Präsident auf seiner China-Reise dem Gastgeber einen verbesserten Marktzugang für europäische Unternehmen abtrotzen. Doch aus Pekinger Sicht hat sich Macron zu weit aus dem Fenster gelehnt.
Höflich, aber kritisch, staatsmännisch und doch visionär, vor allem aber als Sprachrohr Europas – so wollte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf seinem ersten China-Besuch präsentieren. Und er war gut vorbereitet. Er kannte sich nicht nur detailliert mit allen China-relevanten Themen aus. Macron zitierte chinesische Gedichte.
In Anspielung auf Trumps Motto «Make America great again» hatte der französische Staatschef «Make this planet great again» auf Chinesisch eingeübt und vorgetragen. Das chine- sische Publikum zeigte sich zwar beeindruckt. Seine Charmeoffensive nützte trotzdem nur wenig. Macron musste auf seinem dreitägigen Besuch mehrere Demütigungen über sich ergehen lassen.
Schon den Rundgang durch den alten Kaiserpalast mussten Macron und Gattin Brigitte ohne Chinas Präsident Xi Jinping und dessen Ehefrau Peng Liyuan absolvieren. Das war bei Trumps Besuch vor zwei Monaten noch anders. Was aber sehr viel schwerer wiegt: Der erwartete grosse Deal für den deutsch-französischen Flugzeugbauer Airbus blieb aus. Die chinesische Regierung versprach lediglich, dass der Kauf von 184 Airbus-Maschinen «in Kürze» abgeschlossen werde. Ein so dürftiges Versprechen ist unüblich. In den letzten Jahren hatte China fast alle Besuche deutscher, französischer oder amerikanischer Regierungschefs dazu genutzt, neue Flugzeugverkäufe feierlich abzusegnen.
Der «Financial Times» zufolge hatte Macron zudem gehofft, dass China in die Finanzierung des Airbus 380 einsteigt. Der Verkauf des vierstrahligen Grossraumflugzeugs mit zwei durchgehenden Passagierdecks schwächelt seit Jahren. Dass Macron nun mit leeren Händen nach Hause fliegt, werten Beobachter als weiteren Affront. Möglicher Grund für Pekings kühle Art: Macron könnte sich aus Sicht der Chinesen zu weit aus dem Fenster gelehnt haben.
Schon vor Beginn seiner Reise hatte er angekündigt, Probleme in den Beziehungen klar zu benennen. Die Menschenrechtsverletzungen in China, früher stets das Reizthema zwischen Peking und westlichen Staaten, machte zwar auch Macron nicht zum Thema. Ihm ging es vor allem um die ungleichen Investitionsbedingungen. Kurz vor seiner Reise forderte er in einer Rede ein starkes, einiges Europa, das es «mit China und den USA aufnehmen» könne. Vor chinesischen Geschäftsleuten kritisierte Macron während der Reise unverhohlen den Marktzugang in China als «unausgewogen». Frankreichs Aussenhandelsdefizit mit China lag im vergangenen Jahr bei über 30 Milliarden Euro.
Diese Kritik liess die chinesische Seite nicht auf sich sitzen. Frankreich müsse eben bessere Produkte herstellen, wenn es mehr nach China exportieren wolle, schrieb Bai Ming von der Akademie für Handel und Wirtschaftskooperation gestern in einem Beitrag in der «Global Times», einem KP-Sprachorgan. Abschätzig äusserte sich das Medium über französische Hochgeschwindigkeitszüge und Autos. «Französische Produkte können nicht mit denen aus Deutschland und den USA konkurrieren.»
Macron liess sich davon nicht beirren. Vor Vertretern der französischen Gemeinde in Peking warnte er vor den zahlreichen chinesischen Firmenübernahmen in Europa und forderte seine europäischen Amtskollegen auf, eine gemeinsame Linie zum Schutz strategisch wichtiger Wirtschaftsbereiche zu formulieren. «Heute hat Europa keine einheitliche Haltung», sagte er und betonte: «Es ist nicht Chinas Fehler. Es ist unserer.»
Felix Lee, Peking