Donald Trump
Trumps Ziel am WEF: Eine innenpolitische Duftmarke setzen

In Washington kursiert die Theorie, dass sich Donald Trump in die Höhle des Löwen wage, um der «globalen Elite» die Leviten zu lesen.

Renzo Ruf, Washington
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Die Ankündigung des Weissen Hauses am Dienstag, dass der amerikanische Präsident der 48. Jahrestagung des «World Economic Forum» seine Aufwartung machen wird, kam überraschend. (Symbolbild/Archiv)

Die Ankündigung des Weissen Hauses am Dienstag, dass der amerikanische Präsident der 48. Jahrestagung des «World Economic Forum» seine Aufwartung machen wird, kam überraschend. (Symbolbild/Archiv)

KEYSTONE/AP/MICHEL EULER

Im Umfeld von Präsident Donald Trump ist «Davos» ein Schimpfwort. Die Bündner Ortschaft steht für «diejenigen, die in Washington die Hebel der Macht bedienen», und für ihre globalen Verbündeten. Jene, die die «arbeitende Bevölkerung» ausgeraubt und «unser Land» in die Armut getrieben hätten, wie es Trump in einem Werbespot formulierte, der kurz vor dem Wahltag 2016 veröffentlicht wurde.

In der zwei Minuten langen Werbesendung zu sehen: Prominente jüdische Wirtschaftskräfte wie der Financier George Soros oder die Währungshüterin Janet Yellen – eine Auswahl, mit der wohl gezielt antisemitische Vorurteile geschürt werden sollten. Kein Zufall war es ausserdem, dass hinter dem Bild von Soros, das kurz über den Bildschirm flimmerte, das Logo des «World Economic Forum» erkennbar war. Soros verkörpert in den Augen der nationalistischen Trump-Berater die «Partei von Davos» («Party of Davos»), das Gekungel der Mächtigen am jährlich stattfindenden Weltwirtschaftsforum.

Umso überraschender deshalb die Ankündigung des Weissen Hauses am Dienstag, dass der amerikanische Präsident der 48. Jahrestagung des «World Economic Forum» seine Aufwartung machen wird. Dabei handelte es sich nicht um eine spontane Entscheidung – seit Wochen schon werde hinter den Kulissen bereits darüber diskutiert, wer Teil der präsidialen Delegation sein werde, hiess es am Mittwoch in amerikanischen Medien. Nebst den obligaten Kabinettsvertretern wie Finanzminister Steven Mnuchin oder Handelsminister Wilbur Ross wird auch mit einer Visite der Präsidententochter Ivanka Trump sowie ihres Gatten Jared Kushner, gerechnet.

Trumps «Stinkbombe»

Offen bleibt, was sich Trump von dieser Visite verspricht. In Washington kursiert die Theorie, dass sich Trump in die Höhle des Löwen wage, um der «globalen Elite» die Leviten zu lesen. Gemäss dem häufig gut informierten Journalisten Mike Allen, der für die Internet-Publikation «Axios» arbeitet, werde Trump «Zuckerbrot und Peitsche» im Gepäck haben, wenn er im Landwassertal aufkreuze.

Trump lege in Davos ein Bekenntnis für die globalen Allianzen ab, in denen die USA mitwirken. Er werde aber auch darüber sprechen, wie schlecht sich Amerika von seinen Verbündeten behandelt fühle und dass Washington von nun an «einen härteren Kurs» steuern werde, zitierte Allen die Argumentationshilfe des Weissen Hauses. «Ich meine es ernst», werde der Präsident dem WEF verkünden. Die Insider-Postille «Politico» sprach in diesem Zusammenhang von einer «Stinkbombe», die der Präsident in Davos zünden werde.

WEF-Momente für die Ewigkeit

1990 kam es zu einer historischen Begegnung: Zwei Monate nach dem Fall der Berliner Mauer traf Deutschlands Bundeskanzler Helmut Kohl (r.) den DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow. Sie sprachen über die Wiedervereinigung. Kohl war schon 1989 in Davos – als erster Bundeskanzler.
5 Bilder
1992 besuchte Südafrikas Freiheitsheld Nelson Mandela das WEF – zwei Jahre nach seiner Haftentlassung. WEF-Gründer Klaus Schwab sagt, dies sei seine eindrücklichste Begegnung gewesen. Mandela sprach in Davos über seinen Plan, die Apartheid zu beenden.
1994 betraten Palästinenser-Präsident Yassir Arafat (l.) und Israels Aussenminister Shimon Peres – die sich bis dahin spinnefeind waren – gemeinsam die Bühne des Davoser Kongresszentrums, Hand in Hand. Sie einigten sich auf einen Vertragsentwurf für den Gaza-Streifen und Jericho.
2000 reiste erstmals ein US-Präsident ans WEF. Bill Clinton – hier im Gespräch mit dem damaligen Bundespräsidenten Adolf Ogi – kam nach seinem Rücktritt wiederholt ans WEF. 2010 gab er der «Aargauer Zeitung» ein Interview und sagte, bezüglich Gesundheitswesen sei die Schweiz sein Vorbild.
2009 sprach Russlands Präsident Wladimir Putin (r.) in Davos und erhielt tosenden Applaus. Damals war er noch weit weniger umstritten als heute; er plädierte in seiner Rede für liberale Reformen. Es sollte anders kommen. Im Bild mit Klaus Schwab (l.) und Bundespräsident Hans-Rudolf Merz.

1990 kam es zu einer historischen Begegnung: Zwei Monate nach dem Fall der Berliner Mauer traf Deutschlands Bundeskanzler Helmut Kohl (r.) den DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow. Sie sprachen über die Wiedervereinigung. Kohl war schon 1989 in Davos – als erster Bundeskanzler.

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Mit Donald Trump kommt zum zweiten Mal in der Geschichte des Weltwirtschaftsforums ein amtierender US-Präsident nach Davos. Bill Clintons Visite im Jahr 2000 bleibt unvergessen – doch es war nicht der einzige Moment, der einen Hauch von Geschichte verströmte. Ein Rückblick in fünf Bildern. (pmü)