Am 8. Mai 1945 endete in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht der Zweite Weltkrieg. 77 Jahre danach verurteilt Kanzler Olaf Scholz den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf das Schärfste. Seine wichtigsten Aussagen.
«Aus der katastrophalen Geschichte unseres Landes zwischen 1933 und 1945 haben wir eine zentrale Lehre gezogen», sagte SPD-Kanzler Olaf Scholz in einer TV-Ansprache, die am Sonntagabend von mehreren Sendern ausgestrahlt worden ist. Diese laute: «Nie wieder Krieg. Nie wieder Völkermord. Nie wieder Gewaltherrschaft.» Der Gedenktag zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa sei in diesem Jahr wie kein anderer. Es gäbe keine Erinnerung an das Kriegsende in Europa, ohne der Tatsache ins Auge zu sehen, dass in Europa wieder Krieg herrsche. Die zentrale deutsche Lehre aus der nationalsozialistischen Vergangenheit bedeute in der gegenwärtigen Situation, dass Deutschland mit aller Kraft «Recht und Freiheit an der Seite der Angegriffenen» verteidige. «Wir unterstützen die Ukraine im Kampf gegen den Aggressor.»
Der Kanzler rechtfertigt den deutschen Beitrag für die Ukraine und weist den Vorwurf zurück, seine Regierung agiere zu zögerlich. Der 63-Jährige nannte «nie dagewesene Sanktionen» gegenüber Russland, er lobte die Hilfsbereitschaft der Deutschen, die hunderttausende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen haben. Vor allem erwähnte Scholz deutsche Waffenlieferungen für die Ukraine. Nach wochenlangem Zögern gab Scholz dem internationalen und innenpolitischen Druck nach und gab grünes Licht für die Lieferung von Gepard-Fliegerabwehrpanzern in die Ukraine, nun sollen die ukrainischen Streitkräfte auch deutsche Panzerhaubitzen erhalten. Scholz:
«Wir haben erstmals überhaupt in der Geschichte der Bundesrepublik Waffen in ein Kriegsgebiet geschickt.»
Der Kanzler kündigte an, dass Deutschland auch weiterhin bereit dazu sei, auch schweres Gerät in die Ukraine zu liefern. «Immer sorgfältig abwägend», so Scholz. Aber: «Das setzen wir fort.» An die Adresse seiner Kritiker fügte er hinzu: «Zugleich tun wir nicht einfach alles, was der eine oder die andere gerade fordert.»
Der Kanzler verurteilte in mehreren Passagen seiner Rede die russische Aggression auf das Schärfste. Putin wolle die «Ukraine unterwerfen, ihre Kultur und ihre Identität vernichten.» Dass der russische Präsident seinen Krieg auch damit rechtfertigt, die Ukraine sei zersetzt mit Nazis, sei «geschichtsverfälschend und infam.» Scholz sieht für Putin kein gutes Ende.
«Putin wird der Krieg nicht gewinnen. Die Ukraine wird bestehen.»
Wie vor 77 Jahren werde auch nun «Freiheit und Sicherheit» über Gewalt und Diktatur triumphieren. Einen russischen Diktatfrieden werde es nicht geben: «Den werden die Ukrainerinnen und Ukrainer nicht akzeptieren - und wir auch nicht.»
Scholz sagte, dass er einen Amtseid abgelegt habe. Darin habe er geschworen, Schaden von Deutschland abzuwenden. Deshalb orientiere sich Deutschland an vier Grundsätzen. Es gäbe keine deutschen Alleingänge, die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr müsse erhalten bleiben. Deutschland werde nichts unternehmen, «was uns und unseren Partnern mehr schadet als Russland.» Und: Er werde keine Entscheidungen treffen, die die Nato zur Kriegspartei werden lasse. «Dabei bleibt es.»
Der Kanzler machte indirekt deutlich, dass die deutsche Hilfe für die Ukrainer auch Grenzen kennt. Eine Ausweitung des Krieges gelte es mit aller Kraft zu verhindern. Der Kanzler versuchte die Menschen zu beruhigen. Er kenne die Sorge vieler vor einem Dritten Weltkrieg. «Solche Sorgen müssen ausgesprochen werden können. Gleichzeitig gilt: Angst darf uns nicht lähmen.» Für ihn sei auch eine Lehre aus dem 8. Mai 1945, dass es nie wieder einen Weltkrieg geben dürfe. Zumal eine Ausweitung des Krieges die Gefahr eines Nuklearkrieges beinhaltete.