Im Juni stieg der US-Konsumentenpreisindex so stark an wie zuletzt 1981. Hohe Benzinpreise und steigende Lebensmittelkosten sorgen für Unmut. Es gibt aber auch gute Nachrichten an der Wirtschaftsfront.
Die US-amerikanische Inflation lässt nicht nach. Im Juni stieg der Konsumentenpreisindex um 9,1 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat im Jahr 2021 – so schnell wie zuletzt zu Beginn der Achtzigerjahre, als eine Stagflation die grösste Volkswirtschaft der Welt im Griff hatte.
Preistreiber im vergangenen Monat waren laut den Zahlen des Arbeitsministeriums die Energiekosten, höhere Mieten und steigende Lebensmittelkosten. Die Kerninflation, bei deren Berechnung Energie- und Nahrungsmittelkosten nicht berücksichtigt werden, betrug im Juni 5,9 Prozent oder 0,1 Punkte weniger als im Mai.
Another brutal CPI report.
— Jason Furman (@jasonfurman) July 13, 2022
Headline CPI was 1.3% (17.1% annual rate). But that's outdated given recent gasoline declines.
What was brutal was core CPI rose to 0.7% (8.8% annual rate). pic.twitter.com/7KAtewe03B
Die hohe Inflation – das ökonomische Top-Thema in den Augen vieler Amerikanerinnen und Amerikaner – hat in den vergangenen Monaten dazu geführt, dass sich das wirtschaftliche Klima abgekühlt hat. Laut einer Wasserstandsmeldung der Fed-Zweigstelle in Atlanta (Georgia) sank das Bruttoinlandprodukt im 2. Quartal 2022 leicht um aufs ganze Jahr hochgerechnete 1,2 Prozent.
Dabei handelt es sich zwar nur um eine Schätzung. Weil aber bereits im 1. Quartal ein Rückgang der Wirtschaftsleistung registriert wurde, sprechen viele Auguren bereits darüber, dass sich das Land in einer milden Rezession befindet.
Das stimmt aber nicht, zumindest offiziell. Für die Ausrufung einer Rezession ist in den USA nämlich das National Bureau of Economic Research zuständig, eine private Gruppierung von Ökonomen. Und dieses Gremium lässt sich bei seinen Proklamationen nicht nur von den BIP-Zahlen der vergangenen zwei Quartale leiten, wie das in anderen Ländern Tradition hat. Vielmehr berücksichtigen die Ökonomen auch Faktoren wie die Lage auf dem Arbeitsmarkt oder die Spendierlaune der Bevölkerung.
Und diese Indikatoren deuten aktuell nicht daraufhin, dass sich die USA in einer Krise befinden. So gaben die Konsumentinnen und Konsumenten auch im Mai 2022 leicht mehr Geld aus als im Vormonat. Und im Juni schufen Amerikas Arbeitgeber unter dem Strich, laut einer ersten Schätzung 372'000 neue Jobs. Solche Zahlen seien nicht vereinbar mit einer Rezession, sagte Jared Bernstein, ein wirtschaftspolitischer Berater von Präsident Joe Biden sinngemäss.
Andere Ökonomen bestätigen zwar, dass es zu früh sei, um die Alarmglocken zu läuten. Aus den Wirtschaftsdaten liesse sich aber zumindest eine Abflachung des Wachstums der vergangenen zwei Jahre ablesen. Die grösste Volkswirtschaft der Welt befinde sich in einem «slowdown», einer Drosselung, sagte kürzlich Skanda Amarnath, der Direktor der linken Denkfabrik Employ America, der «New York Times».
Eine entscheidende Rolle wird in den nächsten Wochen die US-amerikanische Notenbank spielen, die politisch unabhängig agiert. Ende Juli trifft sich das geldpolitische Gremium der Federal Reserve erneut, um über die nächste Zinserhöhung zu debattieren.
Zur Diskussion steht auch eine neuerliche Erhöhung des Leitzinses um 0,75 Punkte auf neu bis zu 2,5 Prozent. Angesichts der neuesten Inflationszahlen lässt sich ein solch massiver Schritt wohl nicht vermeiden, auch wenn er sich negativ auf die Konjunktur auswirken sollte.