USA: Trump räumt auf

Der US-Präsident Donald Trump will in den nächsten Tagen weitere enge Berater und Kabinettsmitglieder auf die Strasse stellen, weil er mit ihrer Arbeit nicht zufrieden ist.

Renzo Ruf, Washington
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US-Präsident Trump will Ordnung ins Weisse Haus bringen. (Bild: Win McNamee/Getty (Washington, 1. März 2018))

US-Präsident Trump will Ordnung ins Weisse Haus bringen. (Bild: Win McNamee/Getty (Washington, 1. März 2018))

Renzo Ruf, Washington

Nun also H. R. McMaster: Übereinstimmend berichteten amerikanische Medien gestern, dass der Nationale Sicherheitsberater bei seinem Vorgesetzten endgültig in Ungnade gefallen sei und Präsident Donald Trump ihn deshalb bald ablösen werde. Weil Trump kein Interesse daran habe, den 55-jährigen Dreisternegeneral zu demütigen, dauert es vielleicht noch einige Tage, bis diese Personalie publik gemacht wird – denn zuerst muss das Pentagon einen neuen Posten für den Berufsmilitär finden, der 1984 bei den Streitkräften angeheuert hatte. Aber Trump habe sich entschieden und geniesse in dieser Frage auch die Unterstützung seines Stabschefs John Kelly, eines Viersternegenerals im Ruhestand: McMaster, der im Februar 2017 Mike Flynn ersetzte, der über seine Kontakte zum russischen Botschafter in den USA gestolpert war, müsse weg.

Kelly stört sich daran, dass der Sicherheitsberater hinter verschlossenen Türen Aussenminister Rex Tillerson unterminierte – und dabei Erfolg hatte. Trump entliess seinen Chefdiplomaten diese Woche. Dem Präsidenten wiederum stossen das steife Auftreten und die herablassende Art des Generals sauer auf. Sie erinnern ihn wohl an die Kadettenschule, die er in seinen Jugendjahren besuchen musste. Auch störte sich Trump daran, dass McMaster während seiner eher seltenen Fernsehauftritte keine gute Falle machte.

«Ich liebe das Chaos»

In den Augen der Öffentlichkeit ist diese Personalie ein weiteres Indiz dafür, dass die Regierung Trump nicht zur Ruhe kommt. Kein anderer Präsident hat in den ersten 14 Monaten seiner Amtszeit derart viele Berater entlassen und Kabinettsmitglieder auf die Strasse gestellt.

Gemäss den Berechnungen der Politikwissenschafterin Kathryn Dunn Tenpas, die an der Denkfabrik Brookings Institution in Washington tätig ist, wechselte Trump fast die Hälfte seiner engen Berater aus – sei es auf dem Posten des Kommunikationsdirektors des Weissen Hauses, von Sean Spicer über Mike Dubke und Anthony Scaramucci bis hin zu Hope Hicks, die ihren Rücktritt Ende Februar ankündigte, oder im Amt des präsidialen Wirtschaftsberaters von Gary Cohn zu Larry Kudlow. Gemeinhin beläuft sich die Fluktuationsrate im Weissen Haus auf rund 10 Prozent pro Jahr. Gemäss Tenpas wechselte der bisherige Rekordhalter Ronald Reagan in seinen ersten 12 Monaten 17 Prozent seines «A-Teams» aus, wie die Politikwissenschafterin den inneren Kreis um den Präsidenten nennt. Im Gegensatz zu den meisten Kabinettsposten müssen diese Personalien nicht durch den amerikanischen Senat bestätigt werden.

Trump selbst scheint sich nicht darüber im Klaren zu sein, ob er die hohe Fluktuationsrate in seinem Umfeld nun gut findet oder nicht. Zu Monatsbeginn sagte der Präsident während eines Auftritts vor einer Journalistenvereinigung: «Ich liebe den Wechsel. Ich liebe das Chaos.» Wenige Tage später verkündete er dann auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, von «Chaos» im Weissen Haus könne keine Rede sein. Zutreffend sei aber, dass in seiner Regierung eine «energiegeladene» Atmosphäre herrsche und nicht alle seine Berater und Kabinettsmitglieder diesen Anforderungen genügten. Weil er stets auf der «Suche nach Perfektion» sei, könne es deshalb schon bald zu weiteren Wechseln kommen.

Immer wieder wird in diesem Zusammenhang der Veteranenminister David Shulkin genannt, der sich in einem bürokratischen Kleinkrieg mit dem Weissen Haus und mit einigen Mitgliedern seines Stabes befindet. Auch Wohnbauminister Ben Carson hat in den vergangenen Tagen den Zorn des Präsidenten auf sich gezogen, weil er seine Bürosuite im Ministerium mit einem Konferenztisch ausstatten wollte, der 31000 Dollar gekostet hätte.

Neue Berater müssen vor der Kamera überzeugen

Langjährige Beobachter des Präsidenten verweisen darauf, dass Trump als Geschäftsmann ein Einzelkämpfer gewesen sei. Zwar befinden sich mehr als 20000 Menschen auf der Lohnliste des Familienbetriebs Trump Organization; das Unternehmen, das im Hotel- und Gastgewerbe tätig ist, ist aber stark dezentralisiert. An der Konzernspitze arbeitete Trump vor seinem Amtsantritt als Präsident bloss mit einer Handvoll von Menschen zusammen, die seine Macken kannten und denen er keine Rechenschaft schuldete.

Auch litt das Weisse Haus in den vergangenen Monaten besonders darunter, dass wohl selbst der heutige Präsident nicht mit einem Sieg bei der Präsidentenwahl gerechnet hatte. Deshalb investierte sein Wahlkampfteam viel zu wenig Zeit in die Ausgestaltung der neuen Regierung. Infolgedessen war das rasch zusammengezimmerte erste Kabinett Trump eine höchst explosive Mischung aus Ideologen und Pragmatikern.

Entscheidend ist aber wohl letztlich, dass Trump der Meinung ist, nach mehr als einem Jahr im Weissen Haus wisse er nun, wie der Hase in Washington läuft. Er wendet deshalb mehr Zeit dafür auf, das Auftreten seiner Regierung zu verbessern. Und weil der Präsident der Meinung ist, das Auftreten sei die halbe Miete, setzt er nun in seinem Umfeld auf Berater und Kabinettsmitglieder, die vor laufenden Kameras überzeugend wirken und seine Weltsicht vertreten. Wer diesem neuen Standard nicht genügt, der fliegt früher oder später raus.