Von der Judenhetze zu den Todesfabriken

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Genozid Protokolliert ist ein Treffen von 15 Funktionären aus Partei, SS, Gestapo und Regierung: Zur Wannseekonferenz eingeladen hatte Reinhard Heydrich, Chef des SS-Reichssicherheitshauptamtes. Hermann Göring, nach Adolf Hitler zweiter Mann in der Nazihierarchie, soll ihn im Juli 1941 beauftragt haben, den Judenmord konkret zu organisieren.

Der Massenmord ist zum Zeitpunkt der Wannseekonferenz vor allem in den besetzten Gebieten Osteuropas längst im Gange. Hitler hatte die Gauleiter am 12. Dezember 1941 in der Reichskanzlei versammelt. Propagandaminister Joseph Goebbels notierte danach: «Bezüglich der Judenfrage ist der Führer entschlossen, reinen Tisch zu machen. Der Weltkrieg ist da. Die Vernichtung des Judentums muss die notwendige Folge sein.» Ein schriftlicher Befehl Hitlers zum Holocaust ist nicht bekannt. Es brauchte ihn auch nicht. Er hatte schon am 30. Januar 1939, sieben Monate vor dem Überfall der Wehrmacht auf Polen, im Reichstag erklärt: «Wenn es dem internationalen Finanzjudentum inner- und ausserhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa.» Im Protokoll der Wannseekonferenz bleibt die Sprache des Massenmords codiert. Es ist von «Evakuierung» und «Umsiedlung der jüdischen Bevölkerung nach Osteuropa» die Rede, der geplante Mord von 11 Millionen Juden ist deren «Sonderbehandlung».

Das Vorgehen der Nazis gegen die Juden hatte sich seit 1933 stetig radikalisiert – von der Ausgrenzung und Entrechtung mit den Nürnberger Rassegesetzen über die erzwungene Auswanderung und Enteignung bis zur physischen Verfolgung. Mit dem Polenfeldzug begannen 1939 die Massenmorde der «zur besondern Verfügung» gebildeten Einsatzgruppen, die Tausende Juden zumeist in Massenerschiessungen massakrierten.

Bis die Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 stattfand, hatten die Nazis mindestens eine halbe Million Juden umgebracht. Das Vernichtungslager Belzec war mit den ersten festen Gaskammern im Bau, die Vernichtungslager Sobibor, Auschwitz und Majdanek beschlossen. Der später in Israel zum Tode verurteilte SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann war bereits für Juden- und Räumungsangelegenheiten zuständig. Er organisierte die Deportationen von Juden auch nach Auschwitz.

Das alles hatte mit verbaler Hetze gegen Juden und andere Minderheiten begonnen. Und nicht nur in Deutschland wollten allzu viele allzu lang nichts davon gewusst haben.

Walter Brehm