33 FRAGEN: Sina im Sommerinterview: «Das Gute gewinnt»

Die Mundart-Popsängerin Sina über ihre Musikanalyse, ihre Sehnsucht nach Skandinavien und das Gefühl, mit den Schwänen um die Wette zu schwimmen.

Fragenkatalog: Balz Bruder
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«Ich liebe Postkarten»: Sängerin Sina. (Bild: Basil Stücheli)

«Ich liebe Postkarten»: Sängerin Sina. (Bild: Basil Stücheli)

Was ist der Sommer für Sie? Zeit der Musse oder des Müssens?

Nichts zu müssen, geht selten. Aber ich habe in der Tendenz mehr Zeit dafür.

Gönnen Sie sich in diesen Wochen bewusste Nachlässigkeit? Und wie?

Der Sommer bringt spontane Treffen für ein Essen oder ein Konzert. Da kann ich selten widerstehen. Mit dem schönen Nebeneffekt, dass der Puls sinkt und die Laune steigt.

Was geht, trotz etwas lockerer Sitten, gar nicht?

Einmal kurz die Mails checken – aber wirklich nur einmal. . .

Für die einen ist der Sommer Traumzeit, für die andern Übergangszeit zwischen Frühling und Herbst. Für Sie?

Sie haben den Winter vergessen! Ich möchte nicht ohne die vier sein.

Bleiben Sie überzeugt daheim? Oder gehen Sie unverdrossen in den Süden?

Ich reise antizyklisch und am liebsten im Frühling oder Herbst. Im Sommer bleiben mein Mann und ich zu Hause oder fahren ins Wallis.

Haben Sie eine Erklärung dafür, weshalb sich die Affenhitze im Ausland besser aushalten lässt als zu Hause?

Für mich gilt das nicht. Bei 40 Grad in der Ferne zu schwitzen ist keine Alternative zur 1-Minuten-Töff-Strecke von Zuhause bis an den See.

Wohin führt Sie der Sommer heuer?

Er bleibt hier. Bei mir.

Was ist Ihr Sommer-Sehnsuchtsort?

Nachdem ich, wie Thelma & Louise, mit einer Freundin in einem offenen Cabrio von San Francisco nach Reno gefahren bin, ist diese Sehnsucht im Moment gestillt.

Und wohin wollten Sie schon immer einmal?

In den Norden. Skandinavien möchte ich unbedingt bereisen.

Wenn Sie wählen können: Eistee oder Cüpli? Oder etwas ganz anderes?

Cüpli geht gut. Am liebsten mit Holundersirup und Minzenblättern. Es heisst dann Hugo, wie mein Ex-Nachbar.

Gazpacho oder Wassermelone oder. . .

Tomaten (Berner Rosen) mit Mozzarella.

Vitello tonnato, T-Bone-Steak oder Couscous-Salat?

Ich schwenke um auf Fischknusperli mit Salat. Das schmeckt mir fast täglich.

Sind Sie der Sonnen- oder der Schattentyp?

Ich finde überall Schatten.

Gilt das auch im übertragenen Sinn?

Wenn man weiss, wo Schatten ist, kann man die Sonne besser sehen.

Und wie ist es mit dem Wasser? Lieber drinnen oder draussen?

Das Gefühl, mit den Schwänen um die Wette zu schwimmen, ist nicht zu toppen.

Sind Sie der Pool- oder Wildwassertyp?

See, Bach, Fluss, Meer. Hauptsache, es bewegt sich.

«An einem Sommermorgen, da nimm den Wanderstab, es fallen deine Sorgen wie Nebel von dir ab», schrieb Theodor Fontane. Ein gutes Motto?

Ja, ein sehr stimmiges. Auch ich finde meine Ruhe meistens in der Bewegung. Mit Musik im Ohr funktioniert das auch tiptop an einem Regenmorgen.

Was ist Ihr Sommermotto?

Ruf im Herbst wieder an.

Apropos Lektüre: Haben Sie Thriller, Sommerschnulze oder ernsthafte Gegenwartsliteratur in der Badetasche?

Happy-End-Geschichten, Biografien und aktuelle Romane.

Wenn Sie wählen müssten: «Der Fall Deltschev» von Eric Ambler, «Das kleine Inselhotel» von Sandra Lüpkes oder «Hagard» von Lukas Bärfuss?

«Hagard» steht schon länger auf der Liste.

Was lesen Sie gerade?

«Auch das wird vergehen» von Milena Busquets. Ein Buch über die Trauer und das Leben in einem Sommer.

Sommer – Zeit des Glücks. Des eigenen? Oder jenes der andern? Oder gar niemandes? Die meisten Ehen werden nach den Sommerferien geschieden.

Glück ist subjektives Wohlbefinden und das strebe ich das ganze Jahr an.

Umgekehrt: Was braucht es für Sie, damit die Sommerfrische nicht ein Phantom bleibt, das in der schwülen Nacht verdampft?

Nicht mehr als 24 Grad und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit.

Apropos Illusion am Sommernachthimmel: Möchten Sie im Open-Air-Kino «Die göttliche Ordnung» sehen oder doch lieber wieder einmal «Pretty Woman»?

Ich schaue sehr selten einen Film zweimal. Diesen Sommer freue ich mich auf «The Salesman» und «Hidden Figures».

Hand aufs Herz: Ist die Vorfreude auf den Sommer nicht regelmässig grösser als die Befriedigung darüber, was er am Ende gebracht hat?

Gemäss Untersuchungen werden die Erinnerungen nach noch so verschifften Sommerferien je länger, je sonniger. Am Ende gewinnt also doch das Gute.

Vielen geht es so: Sie kommen scheinbar erfrischt aus den Ferien. Sie wollen so viel wie möglich in den Alltag retten. Und eine Woche später erinnern Sie sich kaum daran, wo sie gewesen sind. Wie geht es Ihnen?

Genauso. Zu Hause spielt eine andere Musik und die guten Vorsätze sind schnell im Sommerwind verflogen.

Können Sie in den Sommerferien abschalten von der Arbeit? Oder bleibt es beim Vorsatz?

Wo immer Musik läuft – also fast überall –, analysiere ich sie. Ich denke dann: Was spielt der Bass genau ? Das Gitarrenriff ist ja sehr interessant, diesen Chorsatz muss ich mir merken...

Beunruhigt Sie die Abwesenheit der Arbeit, des Alltags manchmal?

Diesen Zustand kann ich im Notfall sehr schnell ändern. Siehe oben.

Und die Arbeitskollegen, die von einem Tag auf den andern durch Familie und Freunde ersetzt wurden: Sehnen Sie sich insgeheim nach ihnen?

Ich verbringe viel Zeit mit meiner Band, das läuft unter Familienanhang. Da freue ich mich schon sehr, wenn wir wieder zusammen Musik machen.

Verschicken Sie noch Postkarten? Oder haben Sie einen Ferienchat?

Ich liebe Postkarten und schicke auch selber regelmässig welche.

Frank und frei: Was schreiben Sie Donald Trump auf die Postkarte, die Sie nie abschicken werden?

In Ihnen haben sich viele mächtig «trumpiert».

An welches Sommerferien-Erlebnis erinnern Sie sich besonders gern?

Jeden Sommer gibt’s am Hallwilersee spontane Grill- und Schwimmtage mit Freunden und Familie inklusive Seeüberquerung. Das kann gerne so bleiben.

Und an welches erinnern Sie sich mit Schaudern?

An meine Ferien in Aruba, als ich am Strand einschlief. Mit leichten Verbrennungen habe ich mich danach stundenlang in eine kalte Badewanne gelegt.

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