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Im Mai wird wohl die Nachfolge von Benedikt von Peter geregelt. Die Stiftungsrats-Präsidentin steckt vor der Endrunde das Profil der neuen Leitung ab: Ein junger Intendant, womöglich weiblich, soll den Aufbruch hin zum neuen Theater weiterführen.
Birgit Aufterbeck, seit fünf Monaten ist die Findungskommission für einen neuen Intendanten an der Arbeit. Wann können Sie den Nachfolger von Benedikt von Peter präsentieren?
Wir kommen gut voran und werden den neuen Intendanten oder die neue Intendantin wohl im Mai bekannt geben. Dass das vergleichsweise rasch geht, liegt auch daran, dass unsere Findungskommission hochkarätig zusammengesetzt ist. Wir hatten unter anderen mehrere bekannte Intendanten eingeladen und gehofft, dass vielleicht einer von ihnen kommt – darunter Georges Delnon aus Hamburg, Albrecht Puhlmann aus Mannheim und Anselm Weber aus Frankfurt.
Und alle haben zugesagt?
Ja, und das zeigt, wie sehr der internationale Stellenwert des Luzerner Theaters unter Benedikt von Peter zugenommen hat. In den Gesprächen mit den Kandidaten haben sich auch die anderen Pluspunkte bestätigt, die unser Theater attraktiv macht: Dass es ein Mehrspartenhaus ist; dass es über einen Stiftungsrat verfügt, der zwischen dem Theater und der Politik vermittelt, und dass hier trotz vergleichsweise wenig Mitteln ein wirklich hohes Produktionsniveau erreicht wird. Als ganz wichtiger Punkt hat sich auch die Box als zweite Spielstätte erwiesen.
Wie haben die Experten in der Findungskommission den Prozess beschleunigt?
Ein entscheidender Punkt ist, dass jeder von ihnen ein riesiges Netzwerk mitbringt. Wir hatten die Suche parallel auf zwei Gleisen gestartet. Einerseits wurde die Stelle regulär ausgeschrieben. Aber von den 65 Bewerbungen, die eingegangen sind, hat es keiner in die Schlussphase geschafft, die jetzt ansteht. In dieser sind nur noch Personen vertreten, die gezielt angefragt wurden.
Als Benedikt von Peter zum Intendanten gewählt wurde, hatte das Theater die Hoffnung auf eine Salle Modulable als Köder. Merken Sie an den Kandidaturen, dass jetzt ein solches Zugpferd fehlt?
Nein, überhaupt nicht. Wir haben ja auch jetzt die Perspektive für ein neues Theater, und die neue Intendanz wird den Prozess begleiten. Eines der Kriterien ist deshalb auch, dass er sich kommunikativ in diesen Prozess einbringen kann.
Hand aufs Herz: Wenn die Kandidaten fragen, ob dieses neue Theater – als Erweiterung oder als Neubau – kommt: Was antworten Sie?
Ich bin zuversichtlich, auch wenn es noch ein langer Weg ist. In Luzern hat das Theater traditionell einen festen Platz: Im Mittelalter wurde auf den Altstadtplätzen gespielt, seit 180 Jahren im Haus am Theaterplatz. Dieses wurde immer wieder renoviert, jetzt entsprechen insbesondere die technischen Einrichtungen überhaupt nicht mehr den heutigen Anforderungen. Daher sind wir daran, die Anforderungen an ein zeitgemässes und zukunftsgerichtetes Theaterhaus zu definieren. Dabei zeichnet sich ab, dass ein Neubau unter dem Strich günstiger kommt als eine Erweiterung.
Ein Endspiel im alten Theater, Projektarbeit für das neue: Was bedeutet das für das Profil des neuen Intendanten?
Es gibt grundsätzlich zwei Intendanten-Modelle. Im ersten prägt der Intendant sein Haus vor allem als Regisseur. Einen solchen haben wir mit Benedikt von Peter, und er hat diese Erwartung mit einem Regiefeuerwerk perfekt eingelöst. Das zweite Modell ist das dramaturgische: Da wirkt der Intendant eher in die Breite und begleitet alle drei Sparten.
Und Sie suchen jetzt diesen Intendanten, der stärker die Gesamtverantwortung für alle Sparten wahrnimmt und weniger Regie führt?
Wir haben unsere Suche offen angefangen, aber jetzt geht es in diese Richtung. Das klingt auf den ersten Blick weniger sexy. Aber ein solcher Intendant kann viele spannende Handschriften von anderen Regisseuren ans Haus bringen. Im Grunde ist das das klassische Intendanten-Modell. Es ist in dieser Zeit des Übergangs sinnvoll, weil die dreifache Beanspruchung durch die künstlerische Leitung, eigene Regiearbeiten und die Projektbegleitung hin zum neuen Theater zu gross ist.
Und das schreckt interessante Anwärter nicht ab?
Da war das ganze Spektrum vertreten. Einigen war diese Baugeschichte tatsächlich zu kompliziert. Andere finden gerade das eine spannende Herausforderung. Wenn der oder die neue 2021 anfängt, wissen wir in groben Zügen, was für ein Haus kommt. Da wird die Vorarbeit für das neue Theater schon konkreter.
Der Idealfall wäre wohl ein profilierter Regisseur, der den Wechsel in die Intendantenrolle sucht?
Wir hatten tatsächlich bekannte Regisseure als Kandidaten, über die das Feuilleton entzückt wäre! Wir mussten in den Gesprächen herausfinden, wie ernst es ihnen mit diesem Rollenwechsel war, der ja ein Berufswechsel ist. Und wir stellten in manchen Fällen fest, dass es keinen Sinn macht, dem Theatermarkt einen spannenden Regisseur zu entziehen, um aus ihm einen mittelmässigen Intendanten zu machen. Es gab Regisseure, die stellten fest, sie bräuchten mehr Geld. Und wir mussten ihnen sagen, dass es auch zur Rolle des Intendanten gehört, dieses zu beschaffen. Klar ist, dass wir den Aufbruch unter Benedikt von Peter mit einer jüngeren Person weiterführen möchten.
Sie sprechen auffällig vom neuen Intendanten in der männlichen und weiblichen Form. Also ist in der Endrunde auch eine Frau vertreten?
Ja, das war eine Absicht von uns. Nicht im Sinn einer Quote, sondern weil Frauen generell leiser auftreten.
Was heisst: weibliche Kandidatinnen treten leiser auf?
Die Frauen waren schneller bereit, auch Defizite zuzugeben, oder Dinge, in die sie sich erst einarbeiten müssten. Männer dagegen vermitteln gern den Eindruck, dass sie souverän über den Dingen stehen.
Ein Theater-Führungs-Talent vor dem Intendantensprung, jung, kommunikativ, womöglich weiblich: Weiter lässt sich der künftige Intendant noch nicht einkreisen?
Nein, und Sie haben keine Chance, den Namen herauszufinden. Auch deshalb, weil wir ja im ganzen deutschsprachigen Raum suchen, und zwar bei Bühnen wie bei freischaffenden Theaterleuten. Und weil das überall topsecret behandelt wird.