Die Werkschau der HSLU-Absolventen öffnet am Samstag auf der Allmend ihre Pforten

Die Werkschau der HSLU steht in den Startlöchern. Die Messehallen auf der Luzerner Allmend sind randvoll mit Kunst- und Designobjekten von rund 224 Absolventen. Die diesjährige Schau erzählt viel vom Nachhaltigkeitsbestreben einer jungen Generation.

Julia Stephan
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Nachhaltiger Schuhhandel wird auf dem von Catalina Jossen Cardozo initiierten Online-Portal "By Maria" betrieben. (Bild: Manuela Jans-Koch (Luzern, 21. Juni 2018))

Nachhaltiger Schuhhandel wird auf dem von Catalina Jossen Cardozo initiierten Online-Portal "By Maria" betrieben. (Bild: Manuela Jans-Koch (Luzern, 21. Juni 2018))

122 Design-, 43 Film- und 59 Kunstabsolventen der Hochschule – Design & Kunst präsentieren ab Samstag in den Luzerner Messehallen ihre Abschlussarbeiten an der traditionellen Werkschau. Und schon lange muss man sich nicht mehr auf den obligaten, alljährlichen Spaziergang durch die riesigen Messehallen beschränken, wenn man das Know-how und die Gedanken hinter den Werken näher ergründen will.

So manches Projekt aus dem Bereich Design, das sich da vor Ort mit Diagrammen und Visualisierungen anpreist, ist längst ­online global verdrahtet, um die Welt – wenigstens ein bisschen – zu verändern. Die Instagram-­Accounts der Studierenden sind wahre Dokumentationsarchive, die den Entstehungsprozess ihrer Projekte seit Monaten minutiös begleiten. Und in diesem Jahr ­haben die Studierenden nicht nur geistige Höhenflüge gewagt, sondern auch mutig in die Höhe ­gebaut: Der über alle drei Ausstellungsflächen ragende, mit Gardinen verhüllte Turm aus gebrauchten Baugerüsten von ­Angela Erni macht die Werkschau erstmals aus der Vogel­perspektive erlebbar.

Gender- und Nachhaltigkeitsthemen liegen hoch im Kurs

Gender- und Nachhaltigkeitsthemen seien in diesem Jahr stark vertreten. «Die Frage, ob ein Projekt gesellschaftliche Relevanz besitzt, beschäftigt unsere Studierenden stark», erklärt Ursula Bachmann, Vizedirektorin Interdisziplinarität & Öffentlichkeit.

Ein Flaggschiff in Sachen Nachhaltigkeit ist das Geschäftsmodell der ehemaligen HSLU- Abgängerin des Jahres 2016, ­Catalina Jossen Cardozo. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der HSLU hat sie dank Forschungsgeldern ihre Idee vom nachhaltigen Schuhhandel bis zur Marktreife weiterentwickelt. Auf ihrem Portal www.bymaria.ch vernetzt sie kolumbianische Schuhmacher, Designer und Kunden mit einem Faible für massgeschneiderte, limitierte Leder- und Stoffschuhe. Das Prinzip erinnert an das Schweizer Onlineportal Selfnation, das Kunden massgeschneiderte Jeans auf ­Bestellung nach Hause liefert.

Auch sonst ist die Generation Y fleissig daran, Gadgets für ihren Lifestyle zu entwerfen: etwa multipel einsetzbare Kochtöpfe für Slowfood-Anhänger (Kilian Hürlimann), Transportvorrichtungen für Bierharasse und Einkäufe vom Wochenmarkt fürs Hipstervelo (Laura Buob) oder Kleiderschränke für den minimalistischen Lebensstil (Anouk Bonato). Der DJ und ausgebildete Steinmetz Moritz Weizenegger hat hippe Schals und elegantes Steinmobiliar fürs eigene Musiklabel «nuitunit» entworfen. Und Nicole Zaugg will der Generation Global mit dem Onlineportal «Okaybyebye» abgelegene Refugien in den Alpen schmackhaft machen.

Wie wirkt Fiktion glaubwürdig?

Der Illustrator und Produktdesigner Gian Andri Bezzola schert da etwas aus. Ihn trieb die komplexe Frage an, wann Objekte in einer Fantasiewelt glaubwürdig erscheinen. Sein bis ins Detail mit Illustrationen dokumentierter «Cable Racer» soll in einer parallelen Vergangenheit im 19. Jahrhundert nach dem Austrocknen des Atlantiks erfunden worden sein. Bezzola will das Gefährt aus der Garage seiner persönlichen Fantasie bis 2020 in einem ­Videospiel zum Laufen bringen.

Dass auch konkret-nüchterne Wirklichkeitsbetrachtung weltbewegend sein kann, stellt Illustrator Manuel Ruoss unter Beweis. Ruoss war bei einer Geschlechtsangleichung live im Operationssaal. Er hat die OP am Penis bis zur Freilegung der Harnröhre dokumentiert. Vor dem Hintergrund, dass das weibliche Geschlechtsorgan Klitoris bis in die jüngere Vergangenheit aus Gründen der Tabuisierung in keiner medizinischen Fachpublikation mit einer adäquaten wissenschaftlichen Zeichnung vermittelt wurde, darf man Ruoss’ Tabubruch als besonders wertvoll ansehen. Derweil zielt sein im Fiktionalen beheimateter Kollege Claudio Näf in einem digitalen Comic mit analogen illustrativen Elementen in eine ähnliche Richtung. Näf fragt: «Hat eine Zeichnung ein Geschlecht? Und wie manifestiert sich das?»

Weibliche Verführung und Verführbarkeit

Die Textildesignerinnen Jana Zürcher und Felice Voigt hat mehr die kulturelle Garnitur von Weiblichkeitsvorstellungen interessiert. Sie liessen sich vom männlichen Exemplar des australischen Seidenlaubenvogels ­inspirieren, der für seine Angebetete aus Imponiergehabe an die 200 blaue Objekte ins Liebesnest trägt.

Der Seidenlaubenvogel, auch «Satinlaubenvogel» genannt, wird hier zur Chiffre weiblicher Verführung und Verführbarkeit. Aus der Beschäftigung mit den Ovid’schen Metamorphosen und mit der Optik von 200 auf der Strasse gesammelten Fundgegenständen entwarfen die zwei Kostüme mit integriertem Mantel, deren Musterung von ihren Trägerinnen wie ein Vogelgefieder verführerisch zur Schau gestellt oder versteckt werden kann.

Werkschau der Hochschule – Design & Kunst. Luzerner Messehallen 3 und 4. Vernissage: Fr, 22.6., 19 Uhr. Bis 1.7. Täglich geöffnet von 10 bis 20 Uhr. Ausnahme: So, 1.7., 18 Uhr. Eintritt gratis. Barbetrieb. www.hslu.ch

Die Projekte der Masterabsolventen in Fine Arts können bis zum 30.6. in Stansstad besichtigt werden. www.onstansstad.ch