FILM: «Papa Moll hat subversive Züge»

Regisseur Manuel Flurin Hendry hat noch nie eine Komödie gedreht und wollte trotzdem unbedingt Papa Moll in die Kinos bringen. Ein Gespräch über den anstrengendsten Dreh seines Lebens und über Satire.

Katja Fischer De Santi
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Regisseur Manuel Flurin Hendry mit «seiner» Familie Moll am Drehort. (Bild: Disney)

Regisseur Manuel Flurin Hendry mit «seiner» Familie Moll am Drehort. (Bild: Disney)

Interview: Katja Fischer De Santi

Manuel Flurin Hendry, Sie machten sich bislang mit Krimis wie «Strähl» oder «Tatort» einen Namen. Wie kommen Sie dazu, einen Familienfilm zu drehen?

Ich mag Herausforderungen, will immer wieder etwas Neues lernen. Den Papa-Moll-Film wollte ich unbedingt machen.

War Papa Moll einer Ihrer Kindheitshelden?

Ich habe die Papa-Moll-Bücher als Kind geradezu verschlungen. Die Bände musste ich mit Klebeband immer wieder flicken. Aber ein richtiger Held war Papa Moll ja nie. Eher ein Antiheld.

Sie leben seit Jahren in Berlin, war Ihnen Papa Moll nicht zu bünzlig, zu schweizerisch?

Klar ist Moll als Figur ein Bünzli. Darin liegt auch sein Charme. Sein Bemühen, es allen recht zu machen, und seine Angst vor Autoritäten sind für mich auch heute noch sehr schweizerische Wesenszüge. Die Bücher von Edith Jonas waren aber gar nicht bünzlig. Sie schildert sehr genau beobachtete und auch handfeste Alltagskonflikte aus ihrer eigenen Familie auf witzige Art.

Die Geburtsstunde von Papa Moll liegt aber in den 1950er-Jahren, nicht gerade eine progressive Zeit. Was man der Rolle von Mama Moll nur zu gut ablesen kann.

Welche Rolle? Mama Moll kommt in den Comics doch fast gar nicht vor. Meine Mutter, die als Frauenrechtlerin in den 1970ern fürs Frauenstimmrecht demonstrierte, hat mir einmal erklärt, wie fortschrittlich Papa Moll damals für sie war: ein Vater, der sich mit seinen Kindern abgibt, der kocht, wäscht und erzieht. Eine männliche Figur, die alles andere als perfekt und autoritär daherkommt. Das hatte damals schon fast subversive Züge.

Und trotzdem haben Sie Papa Moll im Film in ein altmodisches, kitschiges Setting platziert.

Wir haben den Film vor dem Umbruch durch die 1968er-Bewegung spielen lassen, um Molls Überangepasstheit kantiger erzählen zu können. Er springt nach der Pfeife seines Chefs.

Aber braucht es dafür so viel Kitsch?

Was Sie Kitsch nennen, ist für uns ironische Überhöhung. Wir wollten für die Molls eine eigene Welt erschaffen. Eine Art von Animationsästhetik mit lebendigen Figuren. Darin sahen wir auch ein Mittel, die satirischen Aspekte lesbar zu machen.

Sie haben aus Papa Moll eine Satire gemacht?

Natürlich nicht. Der Film ist zuallererst eine Abenteuerkomödie. Aber die satirischen Züge ziehen sich durch die gesamte Erzählung und bestimmen auch die Zeichnung der Figuren. Wir haben uns am Genre der Farce orientiert, wie man sie aus den romanischen Ländern kennt – aus Filmen mit Louis de Funès oder Bud Spencer. Dort geht auch alles Schlag auf Schlag, ist überhöht und ironisch, ohne zynisch zu sein.

Darum kreischt sich Mama Moll auch wie ein aufgedrehtes Duracell-Häsli durch den Film?

Ja, und der Chef redet Stuss, und Papa Moll ist ein Bückling. Alle Erwachsenen in unserem Film sind bewusst stereotyp gezeichnet. Die Kinder hingegen sind plastisch – und auch schlauer.

Die Kinder sind die eigentlichen Stars des Films.

Ja, allen voran Fritz. Der kleine Rebell mit grossem Herz, der es eben nicht immer allen recht machen will.

Mit Kindern zu drehen, ist wohl eine spezielle Sache...

Drehe nie mit Kindern und Hunden, besagt ein altes Schauspielersprichwort, sie stehlen dir die Schau. Sie brauchen mehr Aufmerksamkeit am Set. Sie bringen aber auch Fröhlichkeit und Spontanität mit.

Die beiden letzten Schweizer Kinderbuchverfilmungen «Heidi» und «Schellen-­Ursli» waren äusserst erfolgreich, kann Ihr Papa Moll da mithalten?

Ich hoffe es doch. Die Ausgangslage ist jedoch nicht ganz gleich. Wir hatten keine starke Storyvorlage wie bei «Heidi», nur eine im kollektiven Schweizer Gedächtnis verhaftete, herzige Hauptfigur. Ein Vater mit Bauch und fünf Haaren. Die Geschichte dazu mussten wir erst entwickeln.

Der Film hatte ein Fünf-Millionen-Budget, die Dreharbeiten zogen sich lange hin.

Der Dreh war der anstrengendste meines Lebens. Aber auch der lustigste. Und ich hoffe, dass das Resultat den Zuschauern gefallen wird – den Kindern genauso wie den Erwachsenen.

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