Fans des verstorbenen Musikers Udo Jürgens haben in Gottlieben TG an der Seepromenade zu Ehren ihres Idols Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet. Udo Jürgens war oft zu Besuch im schmucken Dorf am Bodensee, und er war ein gern gesehener Gast.
Am Sonntagnachmittag hatte der Sänger auf einem Spaziergang in Gottlieben einen Herzinfarkt erlitten. Sein Begleiter, sein Assistent und Chauffeur Billy Todzo, ist offenbar sofort zum Gemeindehaus gerannt, um dort den Defibrillator zu holen. «Die meisten Gemeinden in der Schweiz haben ein solches Gerät», sagt Frau Gemeindeammann Rosmarie Obergfell. Die Wiederbelebung gelang allerdings nicht, Jürgens starb im Spital in Münsterlingen TG.
«Man kannte Udo Jürgens in Gottlieben», sagte Obergfell am Montag der Nachrichtenagentur sda. Noch vergangene Woche habe sie mit ihm gesprochen. Jürgens spazierte gerne dem Seerhein entlang, und im Sommer nahm er manchmal ein abendliches Bad. «Der See war ihm wichtig.»
Wenn ihn die Gemeinde Gottlieben zum Sommernachtsfest oder zu den 1.-August-Feierlichkeiten einlud, nahm Udo Jürgens teil. Dabei suchte er nicht als Star das «Bad» in der Menge, sondern er wollte «als Privatmann wahrgenommen werden, im Gespräch», erinnert sich Obergfell.
Er sei ein «Mann von Welt» und ein sehr grosszügiger Mensch gewesen, jemand, der etwas zu sagen hatte. So habe er sich zum Beispiel für die Asylsuchenden interessiert, die im Dorf untergebracht sind. Man konnte Udo Jürgens im See-Café oder in der «Drachenburg» begegnen.
Nun erinnern Kerzen und Blumen auf einer kleinen Mauer an der Uferpromenade vor dem Wohnhaus von Jürgens' Freundin Michaela Moritz an den Verstorbenen. Spaziergänger halten inne, TV- und Radioteams machen Aufnahmen.
Auch in seinem Geburtsort Klagenfurt will man Jürgens' gedenken - und zwar im ganz grossem Stil: Ein Landesrat will die Wiener Gasse in Udo-Jürgens-Gasse umbenennen, weil dort das Tanz-Café Lerch steht, in dem der Verstorbene seine ersten Auftritte hatte. Vizebürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz will sogar den Klagenfurter Flughafen nach Jürgens benennen. Vorerst wurde im örtlichen Rathaus ein Kondolenzbuch aufgelegt.
Am Montag widmeten praktisch alle deutschsprachigen Zeitungen ihre Frontseiten dem Sänger. Weil er in Österreich als Sohn deutschstämmiger Eltern auf die Welt gekommen war, seit langem in Zürich wohnte und sowohl die schweizerische wie auch die österreichische Staatsbürgerschaft hatte, beanspruchen alle drei Länder ihn für sich.
Wo welche Abdankungsfeierlichkeiten stattfinden sollen, ist noch völlig unklar. «Es ist noch zu früh. Wir wissen es noch nicht», sagte ein Sprecher seines Managements am Montag. Gerade jetzt, rund um die Feiertage, dürfte die Organisation besonders schwierig sein.
Die Bundespräsidenten von Österreich und Deutschland haben am Montag ihrer Trauer Ausdruck verliehen und den Verstorbenen gewürdigt. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck schrieb in seinem Kondolenzbrief an Jürgens' Tochter Jenny, dass mit dem Sänger «ein Grosser des deutschen Chansons gestorben» sei. «Seine Lieder haben uns alle begleitet und erfreut, manchmal auch getröstet und nachdenklich gemacht.»
Schweizer Fernsehen SRF widmet Udo Jürgens praktisch den ganzen (morgigen) Dienstag. SRF 1 zeigt ab 13.30 Uhr beide Teile des Spielfilms «Der Mann mit dem Fagott». Basierend auf der gleichnamigen Biografie des Künstlers erzählt der Film die Geschichte von Udo Jürgens' Familie und den Beginn seiner Karriere.
Ab 20.00 Uhr strahlt SRF zwei Ausschnitte aus dem Konzert von Udo Jürgens von 2009 im Zürcher Hallenstadion aus: «Udo Jürgens - einfach ich».
sda