3. Winnetou-Abenteuer in Engelberg: Helden, Actionballett und natürlich Pferde

Bei den dritten Karl May Freilichtspielen in Engelberg schlägt der böse Ölprinz zu. Doch Winnetou und Co. garantieren ein Happy End.

Romano Cuonz
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Old Shatterhand (neu Richard Bucher) und Winnetou (wie gewohnt Tom Volkers) sind stets rechtzeitig zur Stelle. (Bilder: Romano Cuonz, 4. Juli 2019)

Old Shatterhand (neu Richard Bucher) und Winnetou (wie gewohnt Tom Volkers) sind stets rechtzeitig zur Stelle. (Bilder: Romano Cuonz, 4. Juli 2019)

Der ohnehin schon Wilde Westen zuhinterst im Engelberger Tal wird immer noch wilder! Dieses Jahr zieht der Ölprinz (Philipp Lüscher im Gentleman-Look mit Pokerface) als einer der ausgekochtesten Bösewichte Karl Mays die ganze Wut des Publikums auf sich. Tatkräftig unterstützt wird er von seinem Stiefbruder Buttler (Yves Vaucher), ein schiesswütiger Schurke, wie er im Buche steht.

Gemeinsam drehen die zwei Ganoven einem naiven Bankier (Michael Enzler amüsant clownesk) eine dubiose Ölquelle an. Aber nicht genug damit ! Gleich drei Stämme von mehr oder weniger tapferen und «echten» Indianern vermögen diese Revolverhelden gegeneinander aufzuhetzen. Auch einem Treck mit braven deutschen Auswanderern spielen sie übel mit. Alles in allem ein Teufelskreis von Intrigen und kaltblütigen Morden!

Neben Winnetou und Old Shatterhand gehört natürlich auch Sam Hawkens (David Matthäus Zurbuchen) zu den Publikumslieblingen.

Neben Winnetou und Old Shatterhand gehört natürlich auch Sam Hawkens (David Matthäus Zurbuchen) zu den Publikumslieblingen.

Gute Teamarbeit hebt das Stück von Vorgängern ab

Da gibt es dann nur noch eine Lösung: Winnetou (Tom Volkers gewohnt edel und bis hin zu waghalsigen Sprüngen heldenhaft) muss einmal mehr zum Rechten sehen und für Frieden sorgen. Wo immer aus Winnetous Silberbüchse Schüsse knallen, ist auch sein treuer Blutsbruder Old Shatterhand (Richard Bucher neu in der Rolle, aber als Reiter kein Greenhorn) gleich zur Stelle.

Nur so viel sei schon einmal verraten: Am Ende eines fast dreistündigen, wilden Spektakels mit viel Hin und Her, gefährlichen Überfällen und gelungenen Befreiungsaktionen, herrscht in Engelbergs Wildem Westen, zwischen mehr als schrulligen Bleichgesichtern und grimmigen Rothäuten, wieder Friede, Freude, Eierkuchen.

Old Shatterhand wird in eine deftige Schlägerei verwickelt.

Old Shatterhand wird in eine deftige Schlägerei verwickelt.

Was die heurige Inszenierung unter dem Titel «Winnetou und der Ölprinz» gegenüber früheren hervorhebt, ist ein ausgezeichnetes Teamwork. Produzent und Autor Tom Volkers und der erfahrene Regisseur Jean Grädel haben das künstlerische Team in entscheidenden Bereichen klug verstärkt. Hervorragend etwa die Arbeit von Anoi Nimbach als Kampftrainerin. Mit viel Erfahrung in chinesischen Techniken gelingt es ihr, Kampfhandlungen geradezu balletthaft zu choreografieren. Durch dieses Stilmittel entsteht Action pur. Dennoch bleibt eine jugendfreie emotionale Distanz zu wirklicher Gewalt.

Die Bösewichte Buttler (Yves Vaucher) und Oelprinz (Philipp Lüscher) machen ihre krumme Sache gut.

Die Bösewichte Buttler (Yves Vaucher) und Oelprinz (Philipp Lüscher) machen ihre krumme Sache gut.

Für Nervenkitzel sorgt auch die professionelle Leitung bei Stuntszenen durch den Ungar Lajos Drén – ob bei fulminanten Ritten oder todesmutigen Stürzen vom Saloon-Dach und Ölbohrturm. Eine fast schon feine Nuance bringt hingegen Magdalene Borkowska als Tanz-Choreografin ins wild turbulente Spiel: Ob die Siedler vor dem Treck ein Tänzchen wagen oder Indianer um den Marterpfahl tanzen: Das ist schön fürs Auge! Und es gelingt, die Arbeit mit den Pferden – bei Karl May Spielen das A und O – gegenüber früheren Produktionen zu verbessern. Mit gleich 15 Mustangs zum locker Auf- und Absitzen oder Ziehen von Treck- und Jagdwagen. Szenenapplaus, eins übers andere Mal, verdient sich da, neben edlen Tieren und virtuosen Reitern, der Engelberger Pferdebetreuer Beat Musfeld.

Noch immer kommt Tom Volkers Version der Geschichte da und dort etwas langfädig daher. Jedoch: Jean Grädel versteht es diesmal noch besser, die bei Karl May oft penetrant vorgetragene für Rührung und Tränen sorgende Moral in Grenzen zu halten.

Mehr Platz 
für Ironie und Komik

Stattdessen werden die skurrilen Gestalten seines Wilden Westens mit noch mehr Komik und Witz gezeichnet: So etwa unverzichtbare Sam Hawkens und sein «Hihihi, wenn ich mich nicht irre» (David Matthäus Zurbuchen), der kalauernde Hobble Frank (Martin Kaufmann) oder der Verkleidungskünstler Tante Droll (Peter Wehrli).

Am meisten Freude aber bereiten dem Publikum zwei typische Karl-May-Figuren, hier durch und durch kabarettistisch gezeichnet: Zum einen die Auswanderin Rosalie Ebersbach, eine resolute Deutsche mit Engelberger Wurzeln, urkomisch gemimt von Jasmin Clamor. Und vor allem Renato Salvi als jederzeit für Lacher besorgter köstlicher Kantor und Opernkomponist Aurelius Hampel.

Rosalie Ebersbach (Jasmin Clamor), gehört zu den witzigen Figuren.

Rosalie Ebersbach (Jasmin Clamor), gehört zu den witzigen Figuren.

Interessant auch, wie Jean Grädel die Moral von Karl Mays Geschichte in drei Kinderrollen aufflackern lässt und gleich wieder in die Schranken weist. Das ist der fast naseweise Wirtesohn Johnny (Andrin Matter), der sich naiv stellt und gewitzt handelt, da sind die beiden Indianermädchen Blütestaub (Antonia Langenstein) und Morgentau (Lisa Schuler), die ihren sturen Häuptlingsvater noch und noch mit heiklen Fragen löchern und so die junge, nachwachsende Generation verkörpern.

Was die Produktion einmalig macht, ist und bleibt die Naturkulisse. Diese weiss das Ensemble von Profis und Laien zu nutzen: beinahe wie in einem Wimmelbuch! Wann und wohin man guckt: Immer gibt es irgendwo einen angelnden, schleichenden, paddelnden Indianer oder ein sich im Saloon vergnügendes Bleichgesicht zu entdecken.

Karl May Freilichtspiele Engelberg: Winnetou und der Ölprinz. Bis zum 10. August finden 20 Aufführungen statt. Gratis-Shuttlebus ab und zum Bahnhof. Infos und Tickets: www.winnetou.ch