Eine verzweifelte Mutter sinnt nach dem Unfalltod ihres Sohnes auf Rache. Mit «Moka» bringt der Westschweizer Regisseur Frédéric Mermoud ein raffiniertes Psychodrama auf die Leinwand.
Theodora Peter (SDA)
Eine Frau schlägt die Stirn gegen die Fensterscheibe ihres Zimmers in einer Klinik oberhalb von Lausanne. Immer und immer wieder. Doch das Bild ihres Sohnes Luc, der mit dem Velo von einem Auto überfahren worden ist, bringt Diane (Emmanuelle Devos) nicht aus ihrem Kopf.
Die Polizei hat bislang nicht herausgefunden, wer am Steuer des mokkafarbenen Autos mit französischen Kennzeichen sass und Fahrerflucht beging. Kurzentschlossen packt Diane ihre Sachen und fährt mit dem Schiff über den See nach Evian. Dort, so hat ein Privatdetektiv für sie herausgefunden, wohnen die in Frage kommenden Fahrzeughalter.
Schon bald entdeckt Diane das mutmassliche Tatauto und dessen Besitzerin Marlène (Nathalie Baye). Die blonde Frau hat, davon ist Diane fortan überzeugt, ihren Sohn zu Tode gefahren. Weshalb sonst steht das Auto zum Verkauf? Getrieben von Rachegefühlen nähert sie sich Marlène und deren Familie unter einer falschen Identität an.
Doch Marlène entpuppt sich als sympathische und warmherzige Ladenbesitzerin und scheint nicht von Schuldgefühlen geplagt. Vielmehr leidet sie unter den Eskapaden ihres jüngeren Freundes und den Launen ihrer adoleszenten Tochter, die ihre Nächte in Klubs und die Tage schlafend verbringt.
Aus der Jagd Dianes nach der Schuldigen entwickelt sich eine Begegnung zwischen zwei Frauen, die sich in ihrer Rätselhaftigkeit anziehen und – wären die Umstände anders – Verbündete sein könnten. Diane verstrickt sich immer tiefer in dieses Beziehungsgeflecht, bis die Dinge eine unerwartete Wendung nehmen.
Frédéric Mermoud hat den Roman der französischen Autorin Tatiana de Rosnay fürs Kino adaptiert und die Schauplätze an den Genfersee und in zwei Länder verlegt. Mit der Fahrt ans gegenüberliegende Ufer betritt Diane fremdes Terrain, wird dadurch aber auch mit einer anderen Perspektive konfrontiert.
Mit Natalie Baye in der Rolle der vermeintlichen Täterin konnte Frédéric Mermoud ein Aushängeschild des französischen Kinos verpflichten. Den Stoff ausgesucht hat er aber für Emmanuelle Devos, die bereits in «Complices» (2009) mitspielte und für die er schon länger einen massgeschneiderten Film machen wollte.
Die 52-jährige französische Schauspielerin mit dem ausdrucksstarken Gesicht verkörpert die fragile und doch zu allem entschlossene Diane mit wohltuender Unaufgeregtheit. Gereizt an der Rolle habe sie das «komplexe Porträt einer Frau, verwoben mit der Geschichte einer Suche», sagte Devos letzten August am Filmfestival von Locarno, wo «Moka» auf der Piazza Grande uraufgeführt wurde.
Hinweis
«Moka» startet am Donnerstag, mehr Infos am Mittwoch auf der Kinoseite.