KINO: «Little Men» verbrüdern sich gegen das Unrecht

In «Little Men» erzählt der US-amerikanische Regisseur Ira Sachs («Love Is Strange») ­ eine anrührende Alltags- und Familiengeschichte aus New York.

Peter Mosberger
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Während sich ihre Eltern in einen Mietstreit verstricken, freunden sich die beiden Teenager Tony (Michael Barbieri, links) und Jake (Theo Taplitz) miteinander an. (Bild: Look Now/PD)

Während sich ihre Eltern in einen Mietstreit verstricken, freunden sich die beiden Teenager Tony (Michael Barbieri, links) und Jake (Theo Taplitz) miteinander an. (Bild: Look Now/PD)

Der 13-jährige Jake (Theo Taplitz) zieht nach dem Tod des Grossvaters mit seinen Eltern in dessen Haus im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Der schüchterne Junge freundet sich dort mit Tony (Michael Barbieri), dem etwa gleichaltrigen Sohn der alleinerziehenden Leonor (Paulina García), an, die im Erdgeschoss des Hauses seit vielen Jahren ein Modegeschäft betreibt.

Jakes Vater (Greg Kinnear), ein von seiner Arbeit begeisterter, aber wenig verdienender Schauspieler, möchte nun den überaus günstigen Mietzins etwas erhöhen. Seine Frau (Jennifer Ehle), die als viel beschäftigte Psychotherapeutin das Haupteinkommen zum Familienbudget beiträgt, unterstützt diese Absicht, doch Leonor findet die Erhöhung ungerecht. Auf den bald eskalierenden Streit reagieren Jake und Tony, indem sie sich sozusagen gegen ihre Eltern verbünden.

Jenseits von ­Hollywood-Klischees

«Little Men», der neue Film des US-amerikanischen Regisseurs Ira Sachs («Love Is Strange») erzählt anrührend und humorvoll eine Alltags- und Familiengeschichte aus New York jenseits von Hollywood-Klischees wie auch von modischen Independent-Trends. Die Grossstadt-Chronik des 1965 in Memphis geborenen Filmautors gemahnt mit ihrer unaufdringlichen psychologischen Sicht auf die Figuren oft an europäische Filmtraditionen, verliert dabei aber gleichwohl nie den amerikanischen Sinn für griffiges Storytelling aus den Augen. Dabei findet die Produktion auch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Darstellung der Lebenswelt der «kleinen Männer» Jake und Tony und jener der Erwachsenen.

Obwohl der Konflikt um die Miete schliesslich juristisch gelöst werden muss, verteilen sich Verständnis und Sympathie auf beide Parteien. Das liegt nicht nur am nuancierten Skript, sondern auch an den hervorragenden (erwachsenen) Darstelle­rinnen und Darstellern: Greg ­Kinnear, Jennifer Ehle und Paulina García haben sich ein internationales Renommee erarbeitet und sind doch beim breiten Publikum wenig bekannt.

Hervorragend ­ interpretiert

Greg Kinnear hat etwa regelmässige Auftritte als Charakterdarsteller («Little Miss Sunshine»); Jennifer Ehle dürfte vielen Fernsehzuschauerinnen noch als weibliche Hauptdarstellerin in der legendären BBC-Verfilmung von Jane Austens «Stolz und Vorurteil» (1995) in Erinnerung sein, während die Chilenin Paulina García sich in Europa vor allem als Titeldarstellerin des Films «Gloria» (2013) einen Namen gemacht hat.

Dieses hochkarätige Trio macht aus den Figuren Menschen mit Ecken und Kanten, ohne dabei die ebenfalls überzeugenden jugendlichen Newcomer in den Hintergrund zu drängen.

Die unterschiedlichen Schicksale der Figuren – der beiden Jungen mit ihren Zukunftserwartungen, der Elternteile mit ihren Beziehungen – werden elegant miteinander verknüpft. Und in einem kurzen Epilog findet der Film schliesslich ein stimmiges offenes Ende für seine aus dem Leben gegriffene New Yorker Geschichte.

Bewertung: 4 von 5 Punkten

Peter Mosberger
kultur@luzernerzeitung.ch